Palais Montecuccoli

1. Bezirk, ehem. Schenkenstrasse 10

planet-vienna, das ehemalige palais montecuccoli an der schenkenstrasse

(*) Die heutige Schenkenstrasse hiess bis 1862 „Hintere Schenkenstrasse“, während die Bankgasse bis dahin als „Vordere Schenkenstrasse“ bezeichnet worden war. Durch Einführung des so genannt „Winklerischen Systems der Hausnummern“ wurde die Adressierung reorganisiert. An der einstigen Adresse Hintere Schenkenstrasse 51, nachmalig Schenkenstrasse 10, existierte bis zum Bau des heutigen Gebäudekomplexes das im 17. Jahrhundert entstandene Wohnpalais von Raimund Graf Montecuccoli (1606-1680), verdienter kaiserlicher Militär und Vorsteher des Hofkriegsrates unter Leopold I. Obschon sich Montecuccoli aufgrund seiner zahlreichen Ämter und Verantwortlichkeiten nur selten für längere Zeit in Wien aufhalten konnte, liess er sich in der Leopoldstadt zustäzlich einen Sommersitz erbauen.

planet-vienna, das ehemalige palais montecuccoli an der schenkenstrasse
Stadtpalais Montecuccoli kurz vor dem Abbruch, Fotografie von August Stauda wohl um 1911/1912

Die Baugeschichte des Palais Montecuccoli in der Wiener Innenstadt liegt weitgehend im Dunkeln. Es soll zum Zeitpunkt seiner Vollendung als eine der architektonisch herausragendsten Profanbauten der Innenstadt gegolten haben, da es – so wie auch das nahe Palais Starhemberg – repräsentativ war für einen neuen Mischstil, der in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Wien als en vogue galt: Es handelte sich um Formen der deutschen Renaissance, die mit Elementen des italienischen Barock erweitert wurden. Hauptmerkmal war die Einteilung der durchgehend flachen Fassade: Man behalf sich weder Pilastern, noch Lisenen oder hervortretenden Fensterachsen, sondern einer rhythmischen Struktur von Feldern unterschiedlicher Art, etwa Eintiefungen, Parapeten oder Leistenrahmen. Am Palais Montecuccoli war diese Feldereinteilung sehr gut abzulesen.

Das Haus der Lanckorońskis

Nach dem Ableben Graf Montecuccolis sind unterschiedliche Besitzer, Bewohner und Verwendungen des Palais bezeugt. 1848 werden der kunstsinnige Casimir Graf Lanckoroński und Leonie Lanckorońska geb. Gräfin Potocka als Bewohner des Hauses genannt. Sie waren die Eltern von Karl Graf Lanckoroński-Brzezie, welcher es später zu einem der angesehnsten Magnaten, Mäzenen und Kunstsammlern der Donaumonarchie gebracht hatte. Sein 1894 erbautes, im Zweiten Weltkrieg zerbombtes Privatpalais an der Jacquingasse galt als eine der ersten Adressen Wiens für die kunstinteressierte Oberschicht.

planet-vienna, salon im ehemaligen palais montecuccoli an der schenkenstrasse, aquarell von rudolfl von alt
planet-vienna, salon im ehemaligen palais montecuccoli an der schenkenstrasse, aquarell von rudolfl von alt

Die lanckorońskische Sammlung war bereits in den 1860er-Jahren stadtbekannt, als sie noch im Palais Montecuccoli untergebracht war. Der Wiener Aquarellist Rudolf von Alt hat um 1869 ein paar Innenansichten mit dem Pinsel festgehalten – eine davon mit dem Hausherrn inklusive. Somit weiss man heute, wie das Interieur von einigen Salons des Barockpalastes an der Schenkenstrasse sich einst präsentiert hat. Karl Lanckoroński lebte im Palais Montecuccoli bis 1874, ehe er ins Palais Esterhazy an der Riemergasse übersiedelte.

planet-vienna, Gabriele Fuerstin Dietrichstein
Gabriele Fürstin Dietrichstein

Im Jahr von Lanckorońskis Umzug wird das Palais als Adresse der deutschen Botschaft genannt, welche hier bis 1876 in einer kleinen Wohnung im zweiten Stock ihre Büros hatte – für 10’000 Gulden Jahresmiete. Eine illustre, bezeugte Bewohnerin des Palais war Gabriele Fürstin Dietrichstein, Sternkreuzordens- und Palastdame. Sie starb hier am 22. September 1880. Und bis 1884 hatte die Direktion der Wiener Gasbeleuchtungs-Anstalten an der Schenkenstrasse 10 ihren Sitz, ehe sie ein Gebäude am Burgring bezog. 1886 richtete sich die „Elektrische Centralstation“ in den Räumen des Palais Montecuccoli ein. Diesem Wechsel war ein Rechtsstreit vorausgegangen. Private Rekurrenten aus der unmittelbaren Nachbarschaft – darunter prominente Namen der Ungarischen Botschaft oder der Batthyány – hatten Beschwerde eingereicht, weil es in ihren Augen unverhältnismässig war, inmitten privater Wohnbauten eine so für die Infrastruktur zentrale, aber risikobehaftete Institution zu installieren. Die Projektverantwortliche, die Niederösterreichische Statthalterei, hatte ursprünglich geplant, die Centralstation an der Porzellangasse im Alsergrund einzurichten, sich dann jedoch für die Schenkenstrasse entschieden. Die Rekurrenten unterlagen. Auf der erhaltenen Fotografie von August Stauda ist an der Fassade des Palais Motecuccoli eine Elektrifizierung mit Isolatoren zu erkennen.

Bis kurz vor dem Abbruch des Palais Montecuccoli hatte hier der 1904 nobilitierte Hof- und Gerichtsadvokat Leopold Teltscher Edler von Friedrichskron seine Kanzlei. Er war derjenige Jurist, welcher als Kurator herbeigezogen wurde, als es darum ging, den seit 1890 verschollenen Johann Orth, vormalig Erzherzog Johann Salvator von Österreich-Toskana, für tot zu erklären. Das ehemalige Mitglied des Kaiserhauses hatte in genannten Jahr eine Seereise angetreten, von der es nie zurückgekehrt ist.

Ein neoklassizistischer Nachfolgebau

Im November 1912 wurde der Abbruch des Palais Montecuccoli in der Presse angekündigt. Zu dem Zeitpunkt war das Gebäude bereits seines Fassadenschmuckes beraubt worden, wie August Staudas Fotografie zeigt. Das Stuckwerk in den Feldern zwischen den Fenstern ist abgeschlagen, der Sprenggiebel über den Portal mit mittiger Wappenkartusche entfernt. Einzig die schwerden Segmentgiebel über den Fenstern der Beletage sind als Abgesang auf die einstige barocke Pracht noch belassen worden.

Im Jahre 1913, kurz nach der vollständigen Demolierung des Palais Montecuccoli, errichtete die Allgemeine Österreichische Bodencreditanstalt als neue Grundeigentümerin das heutige neoklassizistische Gebäude.


planet-vienna, salon im ehemaligen palais montecuccoli an der schenkenstrasse, aquarell von rudolfl von alt
Rudolf von Alt: Ein Salon im Palais Montecuccoli. Im Fauteuil sitzend und ein Buch lesend: der junge Karl Lanckoroński. Ihm gegenüber sitzt sein Mentor Dr. Wilhelm von Hartel.

(*) Sämtliche Informationen in diesem Beitrag zum Palais Montecuccoli an der Schenkenstrasse entbehren wissenschaftlicher Grundlagen, da solche bis dato offensichtlich nicht verfügbar sind. Sie sind via persönliche Recherchen des Webseitenbetreibers zusammengetragen worden, weshalb keine Garantie für Vollständigkeit und Richtigkeit abgegeben wird.