Kaiser
Am 18. August 1830 kam Franz Joseph als erster Sohn Erzherzog Franz Karls und Sophies von Bayern in Schloss Schönbrunn in Wien zur Welt. Seine Mutter erzog den Jungen streng zu Fleiss, Pflichtbewusstsein und Frömmigkeit. Sie erkannte früh, dass es Franz Joseph sein würde, der als nächster Thronfolger nachrückt: Da auf den amtierenden, aber zeugungsunfähigen Ferdinand I. ihr Mann Franz Karl gefolgt, dieser aber wegen seiner allgemein dürftigen Konstitution als Regent denkbar ungeeignet gewesen wäre, setzte Sophie alles dran, ihren ältesten Sohn auf die sich abzeichnende Amtsübernahme vorzubereiten.
Am 2. Dezember des Revolutionsjahres 1848 dankte Ferdinand ab – es war die Stunde seines jetzt 18-jährigen Neffen Franz Joseph. Dieser trat allerding alles andere als ein leichtes Erbe an: Im Vielvölkerstaat herrschten seit dem schwachen Regime Ferdinands starke gesellschaftliche wie innenpolitische Spannungen. Der junge Kaiser hatte nun die Mammutaufgabe, die Wogen zu glätten und das zerrüttete Grossreich zu stabilisieren. Franz Joseph liess einige der liberalen Reformen seines Onkels rückgängig machen und im März 1849 den Entwurf für eine zentralistische Verfassung aufsetzen, welche die Souveränität der Monarchie festhalten sollte.
1849 schlug Franz Joseph die aufständischen Revolutionäre Ungarns, welche ihrerseits den Herrscher als entmachtet ausgerufen hatten, mit Hilfe russischen Militärs gewaltsam nieder und liess die Aufstandsführer hinrichten, was die Spannungen noch verstärkte. Am 31. Dezember 1851 annullierte der Kaiser den Verfassungsentwurf von 1849 und regierte jetzt als absoluter Herrscher.
Im Februar 1853 verübte der Ungare János Libényi ein Attentat auf Franz Joseph während eines Spaziergangs auf der Kärntnertor-Bastei. Das Attentat missglückte, der Angreifer wurde hingerichtet und zum Dank bei Heinrich Ferstel ein Kirchenbau in Auftrag gegeben. So erinnert die Votivkirche bis heute an den glimpflichen Ausgang des Mordversuchs.
1854 vermählte sich Franz Joseph mit seiner Cousine Elisabeth „Sisi“ von Bayern, dies entgegen dem Wunsch seiner Mutter, welche für ihren ältesten Sisis Schwester Helene als kaiserliche Braut vorgesehen hatte. Franz Josephs und Elisabeths erstes gemeinsames Kind, Sophie, starb bereits im Alter von zwei Jahren. 1856 kam Gisela zur Welt, 1858 Rudolf und 1868 Marie Valérie.
Franz Josephs Monarchie verzeichnete in den kommenden Jahren herbe Gebietsverluste. 1859 verlor Österreich die Lombardei, nachdem die kaiserlichen Truppen in der Schlacht bei Solferino gegen das mit Frankreich verbündete Sardinien-Piemont vernichtend geschlagen worden waren. Eine weitere, besonders schmerzhafte Niederlage erlitt Franz Joseph 1866 mit der Schlacht bei Königgrätz gegen das preussische Heer, worauf Österreich aus dem deutschen Bund austrat.
König von Ungarn
Im so genannt „Österreichisch-Ungarischen“ Ausgleich von 1867 wurden die Spannungen zwischen Ungarn und Österreich mit einer Kompromisslösung beseitigt, indem die beiden Nationen zu einer Doppelmonarchie (k.u.k.) zusammengefasst wurden. Ungarn war jetzt de facto wieder ein eigenständiger Staat. Dieses Bündnis ist zu einem wesentlichen Teil das Verdienst von Franz Josephs Frau – es war das einzige Mal in ihrem Leben, dass sie sich aktiv für die politischen Geschicke der Monarchie eingesetzt hat. Elisabeths ausgeprägte Sympathie für den ungarischen Staat, dessen Sprache und Volk trieb sie an, sich bei sämtlichen Instanzen für diesen Ausgleich durchzusetzen. Am 8. Juni 1867 wurden Franz Joseph und Elisabeth in Budapest zum ungarischen Königspaar gekrönt.
1879 entstand ein Zweibund mit dem 1871 neu gegründeten Kaiserreich Deutschland, welchem sich 1882 auch Italien anschloss. Dieses Gebilde blieb bis zum Untergang der Donaumonarchie bestehen. Mit dem Suizid seines Sohnes und Thronfolgers Rudolf, der Tötung Maximilans I. und dem Tod Karl Ludwigs im Alter von erst 62 Jahren rückte Franz Josephs Neffe Erzherzog Franz Ferdinand an die Stelle des Nachfolgers der Kaiserkrone. Dieser fiel am 28. Juni 1914 in Sarajevo gemeinsam mit seiner Frau Sophie Chotek einem Attentat durch einen serbischen Nationalisten zum Opfer. Franz Joseph stellte Serbien ein Ultimatum mit straffen Forderungen. Die Frist verstrich. Am 28. Juli 1914 unterzeichnete Franz Joseph eine Kriegserklärung an den serbischen Staat. Es war der Anfang des Ersten Weltkrieges – und zugleich das Ende des österreichischen Kaiserreiches.
Tod im hohen Alter
Am 21. November 1916, mitten im Krieg, starb Kaiser Franz Joseph I. in Schönbrunn im Alter von 86 Jahren an einer Lungenentzündung. Seine Dienstzeit dauerte 68 Jahre, somit war er der am längsten amtierende Kaiser in der Geschichte der Habsburger. Mit ihm starb ein ganzes Reich und eine glanzvolle Ära wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hochblüte. Sein Grossneffe und Nachfolger Karl I. wurde noch zum Kaiser gekrönt, doch war der österreichische Staat zu dem Zeitpunkt faktisch bereits unrettbar auseinander gebrochen.
Charakteristika
Franz Joseph war eine spröde Natur und ausserordentlich konservativ. Er stand Neuerungen und Modernisierungen jeglicher Art zurückhaltend bis desinteressiert gegenüber. Er konnte beispielsweise der neuen Stadtbahn am Gürtel – die erste ihrer Art und ihm zu Ehren „Kaiser Franz Josephs-Nordbahn“ genannt – wenig abgewinnen. In die Geschichte eingegangen sind seine Worte „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.“ Diesen ging das tragische Schicksal Eduard van der Nülls voraus, einer der Architekten des neuen Hofoperntheaters am Ring, welches vom Volk scharf kritisiert worden war. Auch Franz Joseph gefiel das Bauwerk nicht. Der tief gekränkte Van der Nüll nahm sich darauf hin das Leben. Auch wenn nicht belegt ist, dass die Worte des Kaisers dafür ausschlaggebend gewesen waren, hielt sich Franz Joseph von da an vornehm zurück mit seiner Meinungsäusserung und pflegte, lediglich die zitierten Worte auszusprechen.
Hinsichtlich seiner persönlichen Ansprüchen gab sich Franz Joseph einfach und bescheiden. Er arbeitete hart und pflichtbewusst, stand fast täglich auf die Minute genau um halb vier in der Früh auf, um sich bis spät in die folgende Nacht in seine Arbeit zu vertiefen. Von Prunk und äusserlicher Repräsentation hielt der Kaiser wenig, entsprechend waren seine Privaträume und insbesondere sein persönliches Schlafgemach eingerichtet: spartanisch mit einer schlichten Eisenkonstruktion als Bettstatt.
Franz Josephs langes Leben war geprägt von harten Schicksalsschlägen – zum einen von persönlichen wie dem Attentat auf seine Person, dem Tod seines ersten Kindes und seines Bruders Maximilian, dem Suizid seines Sohnes Rudolf, der Ermordung seiner Frau und dem Attentat auf seinen Neffen Franz Ferdinand. Zum anderen die politischen Schicksale, kriegerischen Niederlagen und Gebietsverluste. „Mir bleibt auch nichts erspart…“, soll Franz Joseph gesagt haben, als der die Nachricht vom Tod Elisabeths erhalten hat. Im fortgeschrittenen Alter gab Franz Joseph auf den vielen in der Zeit entstandenen Fotografien das Bild des gütigen älteren Herrn und Grossvaters ab. Die Glatze und der charakteristisch ausgeprägte Backenbart waren seine Markenzeichen. Franz Joseph und seine Frau Elisabeth sind heute das werbewirksamste Aushängeschild jenes kaiserlichen Wiens, wie es touristisch höchst erfolgreich vermarktet wird.