
Erzherzogin Marie Valerie Mathilde Amalie, das vierte Kind von Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph I., wurde am 22. April 1868 im heutigen Budapest geboren. Elisabeth hegte den tiefen Wunsch, ein Kind fernab des Wiener Hofes und vor allem ihrer strengen Schwiegermutter Erzherzogin Sophie von Bayern, welche die Erziehung der ersten drei Kinder übernommen hatte, mit all ihrer Mutterliebe selbst grosszuziehen. Deshalb reiste sie bereits vor Marie Valeries Geburt nach Ungarn, um das Kind in diesem von ihr geliebten Land zur Welt zu bringen. Die Geburt sollte auch als Geschenk an Ungarn verstanden werden.

Obschon Elisabeth auf einen Sohn gehofft hatte, der den Namen des ersten ungarischen Königs, Stefan, hätte erhalten sollen, war die Freude über das Mädchen genau so gross. Die Bevölkerung schloss das Kind ins Herz und gab ihm den Beinamen „die Ungarische“ oder „die Einzige“. Marie Valerie wurde vorerst ausschliesslich in ungarischer Sprache erzogen. Elisabeth vergötterte ihre Tochter. Das Mädchen wuchs auf Schloss Gödöllö heran und war ausserordentlich intelligent, lernte mehrere Sprachen, schrieb Gedichte, musizierte und interessierte sich für allerlei wissenschaftliche Themen. Bereits mit acht Jahren begann Marie Valerie, Tagebuch zu führen, von dem noch heute umfangreiches Material erhalten ist. Allerdings wandte sie sich zunehmend von allem Ungarischen ab und unterhielt sich zumindest mit ihrem Vater nur auf deutsch.
Heirat und Umzug nach Wallsee
1886 lernte Marie Valerie auf einem Ball Erzherzog Franz Salvator von Toskana kennen. Die beiden verliebten sich und heirateten am 31. Juli 1890 in Ischl, nachdem Marie Valerie in der Hermesvilla offiziell auf ihre österreichischen Thronansprüche verzichtet hatte. Die frisch Vermählten zogen zunächst nach Wels, wo Marie Valerie ihre erste Tochter, Elisabeth, zur Welt brachte – neun weitere Kinder folgten. Das glückliche Leben der Kaisertochter wurde zweimal schwer erschüttert: durch den Selbstmord ihres Bruders Rudolf in Mayerling und die Ermordung ihrer Mutter in Genf.

Um 1895 erwarb die Familie Schloss Wallsee, liess es gründlich renovieren und zog unter dem Jubel der Bevölkerung ein. Marie Valerie war äusserst beliebt, sie hatte eine ausgeprägt soziale Ader. Sie unterstützte das Rote Kreuz als Ehrenprotektorin, liess während des Krieges Lazarette einrichten und spendete grosse Geldbeträge für wohltätige Zwecke. Sie war tief gläubig und zeigte sich stets bescheiden, ohne auf ihren hohen adligen Rang zu pochen. Zu Recht nannte man die rundum verehrte Erzherzogin „Engel von Wallsee“. Auch ihr Mann beteiligte sich massgeblich an den Wohltätigkeitsprojekten und erhielt vom Roten Kreuz und der Universität Innsbruck den Titel des Ehrendoktors verliehen.
Dem Krebs erlegen
Mit 56 Jahren erkrankte Marie Valerie schwer an Lymphdrüsenkrebs, eine Genesung war bald ausgeschlossen. Die Erzherzogin schien ihrem sicheren Tod gelassen und sogar mit einer gewissen Vorfreude entgegenzusehen, ja sie wäre möglicherweise gar enttäuscht gewesen, wenn sie Heilung erfahren hätte. Dies geht aus einem Brief hervor, den ihre Schwester Gisela an die Schwägerin Therese in München geschrieben hat.
Am 6. September 1924 schloss Erzherzogin Marie Valerie im Kreise ihrer trauernden Familie für immer ihre Augen. Ihre letzte Ruhestätte fand sie in einer Gruft der Pfarrkirche von Wallsee-Sindelburg. Rund 40’000 Menschen nahmen an Marie Valeries Begräbnis teil.
