1. Bezirk, Opernring 2

Die Hofoper war eine der ersten Monumentalbauten an der neuen Ringstrasse, der Bauplatz war unmittelbar neben den ehemaligen Kärntnertortheater vorgesehen, welches an der Stelle des späteren Hotel Sacher stand und 1870 abgerissen wurde. Die Grundsteinlegung für die neue Oper fand im Mai 1863 statt. Nach sechs Jahren Bauzeit war das nach Plänen von August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll erbaute Haus vollendet. Das eingespielte Architektenduo war als Sieger eines 1860 ausgeschriebenen Wettbewerbs hervorgegagnen. Die beiden wählten einen romantisch-historisierenden Stil mit Formen der Renaissance, was für diese Zeit ungewohnt war. Die Bevölkerung tat sich schwer mit dem, was da zum führenden Kulturtempel ihrer Stadt werden sollte und verfolgte den Bau mit kritischem, befremdeten Auge.

Als 1865 das Niveau der entstehenden Ringstrasse um rund einen Meter angehoben werden musste und dies entsprechend auf Kosten der Gebäudehöhe der Oper ging, hielten sich die Wiener mit dem Lästern nicht mehr hinter dem Zaun. Von einer “versunkenen Kiste“ oder einem „Königgrätz der Baukunst“ war die Rede. Van der Nüll fiel in Depressionen und nahm sich im April 1868 – ein Jahr vor Vollendung – das Leben. Selbst Kaiser Franz Joseph I. soll Kritik an der Architektur geübt haben. Dass dies ausschlaggebend gewesen sein soll, dass der Architekt den Freitod wählte, ist nicht belegt. Seither jedoch nahm sich der Kaiser mit seiner persönlichen Meinung zurück und quittierte alles stets mit den Worten „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut“ – ob’s ihm nun gefallen hat oder nicht. Sicardsburg starb zwei Monate nach van der Nüll an einem Herzinfarkt. Trotz all des anfänglichen Missfallens wurde das neue Opernhaus am 25. Mai 1869 feierlich seiner Bestimmung übergeben mit der Aufführung von Mozarts „Don Juan“.
Zerstörung und Wiederaufbau

Am 12. März 1945 zerstörten schwere Bombenniedergänge den gesamten Bühnentrakt und den Zuschauerraum. Grosse Teile der Staatsoper brannten aus, der gesamte Dekorations- und Requisitenbestand mit zirka 150’000 Kostümen sowie das Notenmaterial von rund 120 Opern wurden zerstört. Nur wenig Schäden hingegen trugen das Foyer, die Loggia mit Fresken von Moritz Schwind, die Prunktreppe, das Vestibül und der Teesalon davon. Bereits im Oktober 1945 wurde der Operenbetrieb im Theater an der Wien und in der Volksoper als Ersatzbühnen wieder aufgenommen. Von 1948 bis 1955 wurde die Staatsoper instand gestellt, wenn auch mit einer vereinfachten Ausstattung der zerstörten Räume im Stil der 1950er-Jahre. Am 5. November 1955 konnte das Haus mit Beethovens „Fidelio“ unter der Leitung von Karl Böhm feierlich wiedereröffnet werden.

Die Wiener Staatsoper ist eines der führenden Opernhäuser der Welt und heute eine der kulturellen Hauptattraktionen der österreichischen Hauptstadt. Der Zuschauerraum umfasst 2276 Plätze, davon 567 Stehplätze. Die Bühne der Wiener Staatsoper ist eine der grössten der Welt; ihre Fläche ist nahezu doppelt so gross wie diejenige des Zuschauerraums. Über der ringstrassenseitigen Hauptfassade thronen zwei monumentale Reiterstandbilder, 1876 geschaffen von Ernst Julius Hähnel. Es ist je ein geflügeltes Pferd, auf ihnen reiten die Allegorie der Harmonie und Erato, Muse der Poesie. In den Arkadenbögen stehen fünf Bronzetatuen: Heroismus, Melpomene, Phantasie, Thalia und die Liebe. Auch sie sind das Werk von Ernst Julius Hähnel. Das erwähnte Fresko in der Loggia von Moritz Schwind zeigt den Zauberflöten-Zyklus. Zum seinem Schutz wird die offene Loggia jeweils in den Wintermonaten mit einem Schutzglas verschlossen.
Die beiden Brunnenanlagen seitlich am Gebbäude sind von Josef Gasser geschaffen. Das Figurenprogramm ist gegensätzlichen Inhaltes: Der Brunnen links verbildlicht Musik, Tanz, Freude und Leichtsinn, der gegenüberliegende Brunnen wird von der Loreley bekrönt, darunter stehen Allegorien von Trauer, Liebe und Rache. Eindrucksvoll ist die aufwendig konzipierte Dachlandschaft des Opernhauses: Ein allseitig gewölbtes Dach überspannt den Kernbau, Walmdächer die Seitentrakte, Satteldächer die Verbindungsbauten, und die Ecktürme tragen französische Dächer.
Jeweils im Februar ist die Staatsoper Austragungsort des traditionellen Wiener Opernballs, ein rauschendes Fest für Gäste von Rang und Namen aus aller Welt. Für Grossveranstaltungen wie diese lässt sich der Boden im Zuschauerraum mittels einer ausgeklügelten Stahlkonstruktion anheben und mit der Bühne vereinen. Der Wiener Opernball wird – ähnlich wie das Neujahrskonzert – weltweit ins Fernsehen übertragen. Er ist einer der gesellschaftlichen Höhepunkte im Wiener Kulturjahr.


