Eduard van der Nüll (1812-1868)

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Eduard van der Nüll wurde kurz nach Neujahr 1812 in Wien geboren – sein genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt. Sein Vater war ein vermögender, aus Köln stammender Geschäftsmann. Gerüchten zufolge soll Eduard van der Nüll ein unehelicher Sohn des Feldzeugmeisters Freiherr von Welden gewesen sein. Erhärtende Hinweise dafür konnten jedoch nie ausgemacht werden.

In Wien studierte van der Nüll Architektur am Polytechnikum, unter anderem bei Karl Rösner und Peter von Nobile. Ausgedehnte Studienreisen durch Westeuropa unternahm van der Nüll gemeinsam mit August Sicard von Sicardsburg, mit dem er lebenslang eng zusammenarbeitete und befreundet blieb. 1843 wurde van der Nüll Professor und erhielt einen eigenen Lehrstuhl für Perspektive und Ornamentik – damals eine Novität. Van der Nüll und Sicardsburg gehörten zu den bedeutendsten Vertretern des spätromantischen Historismus und prägten die Architektur nachhaltig, indem sie ihren Stil an ihre Schüler, darunter Carl Hasenauer und Otto Wagner, weitergaben.

planet-vienna, eduard van der nüll, Gedenktafel am Sterbehaus an der Schadeckgasse
Gedenktafel am Sterbehaus an der Schadeckgasse

Die meisten Bauwerke van der Nülls wurden in gleichberechtigter Zusammenarbeit mit Sicardsburg ausgeführt. Es waren jedoch nicht viele Projekte, da der Bauboom im Zuge der Entstehung der Ringstrasse noch nicht eingesetzt hatte. 1861 erhielten van der Nüll und Sicardsburg den Auftrag zum Bau der Hofoper. Sie sahen einen Monumentalbau im Stil der frühen Renaissance vor. Die Dimensionen der Oper kamen jedoch nicht richtig zur Geltung, da sie vom gegenüber entstehenden Heinrichshof, einem mächtigen Ringtrassenbau von Theophil Hansen, überragt wurden. Zudem wurde das Bodenniveau für den Verlauf der neuen Ringstrasse um einen Meter angehoben.

planet-vienna, eduard van der nüll, Grab Van der Nülls auf dem Zentralfriedhof
Grab Van der Nülls auf dem Zentralfriedhof

Die Kritik der Wiener Bevölkerung liess nicht lange auf sich warten: Die Hofoper erhielt spöttische Beinamen, „versunkene Kiste“ oder „Königgrätz der Baukunst“ sind zwei überlieferte Beispiele. Auch Kaiser Franz Joseph äusserte sein Missfallen an dem Bauwerk. Eduard van der Nüll ertrug diese geballte Schmach nicht, erkrankte, wurde depressiv und nahm sich am 4. April 1868 das Leben, noch vor der Fertigstellung der Hofoper. Der Kaiser soll über van der Nülls Freitod so schockiert gewesen sein, dass er künftig seine Meinung nur noch mit den Worten „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut“ kundtat. Bemerkenswert in Bezug auf van der Nülls tragisches Schicksal war die Eröffnung der neuen Oper: Die skeptischen Wiener betraten mit wenig erwartungsvoller Miene das Haus, doch als sie die ganze Schönheit erblickten – die reich ausgestatteten Räume, das prächtige Stiegenhaus, die vollendete Ästhetik und Liebe zum Detail – breitete sich helle Begeisterung aus. Alle schlechte Kritik war im Nu verflogen, und die neue Hofoper mit ihrer hervorragenden Akustik wurde zu einem Mittelpunkt der blühenden Kaiserstadt. Doch von all dem hatte van der Nüll nichts mehr…


Bauwerke in Wien: 

Altlerchenfelder Pfarrkirche
– Sockel des Erzherzog Karl Denkmals am Heldenplatz
– Sockel des Prinz Eugen Denkmals am Heldenplatz
– Schutzengelbrunnen (mit Sicardsburg)
– Carltheater (mit Sicardsburg)
– Hofoper (heutige Staatsoper, mit Sicardsburg)
– Sophienbad (mit Sicardsburg)
– Haas-Haus (Vorgängerbau, mit Sicardsburg)
Arsenal (mit Sicardsburg)
Palais Larisch-Mönnich (mit Sicardsburg)