3. Bezirk, ehem. Ungargasse 67-69

Der Vizekönig von Neapel, Aloys Thomas Raimund Graf Harrach, und seine Frau Ernestine, eine geborene Gräfin Dietrichstein, erwarben um 1727 auf der heutigen Landstrasse ein Haus mit Garten, das zuvor Christoph Ignaz Edler von Quarient gehört hatte. Mit dem Wunsch, ein ebenso prächtiges Anwesen im Grünen zu schaffen, das seinem Stadtpalais an der Freyung ebenbürtig war, beauftragte er den Architekten Johann Lucas von Hildebrandt mit dem Bau eines repräsentativen Landsitzes. Bis 1735 entstand auf dem Grundstück ein eindrucksvolles, schlossartiges Palais mit weitläufigem Garten, zwei Ehrenhöfen und einer dem heiligen Januarius geweihten Kapelle.

Die Bauarbeiten verliefen jedoch nicht reibungslos. Während Graf Harrach in Neapel weilte, übernahm sein Bruder Johann Joseph die Bauaufsicht. Es kam wiederholt zu Konflikten mit Hildebrandt, der das Projekt aufwendiger gestaltete, als die finanziellen Mittel es erlaubten. Die Streitigkeiten führten zu mangelhaften Arbeiten, weshalb Hildebrandt schliesslich der Auftrag entzogen wurde. Der Architekt war bestürzt. Ein unbekannter Baumeister übernahm vorübergehend die Leitung. Nach der Rückkehr des Bauherrn kam es jedoch zur Aussöhnung mit Hildebrandt, er wurde mit der Fertigstellung des Palais Harrach betraut. Die Januariuskapelle wurde am 12. November 1735 von Kardinal Sigismund Kollonitsch geweiht.

1791 ging das Palais in den Besitz Kaiser Leopolds II. über. Nach dessen Tod ging es an private Eigentümer über. Diese richteten eine Zuckerfabrik in den Räumlichkeiten ein, was den Niedergang des Gebäudes einleitete. Durch den Erwerb Kaiser Franz‘ II. kam das Palais erneut in höfischen Besitz. Er liess im Garten eine Obstplantage und Weinreben für die Hofversorgung anlegen. Das Gebäude selbst blieb ungenutzt.
Um 1840 zog die Lombardo-Venezianische Garde in das Palais ein und liess es für ihre Zwecke umbauen. Der Haupttrakt wurde aufgestockt, wodurch das Palais sein barockes Erscheinungsbild verlor. Zehn Jahre später übernahm das k.u.k. Militär-Reitlehrer-Institut die Räumlichkeiten und führte weitere Umbauten durch.
Vollständige Zerstörung
Der einst prächtige Garten wurde parzelliert, und auf einem Teil des Geländes entstand auf Initiative Kaiser Franz Josephs das Krankenhaus Rudolfstiftung. 1912 fiel die grosse Freitreppe, ein letztes Zeugnis von Hildebrandts Prachtbau, dem Abriss zum Opfer. Im Zweiten Weltkrieg zerstörten Bomben das Palais vollständig. Einzig die Mauerhülle der Januariuskapelle überstand die Angriffe und wurde später renoviert. In den 1980er Jahren rekonstruierte man das kleine Türmchen der Kapelle originalgetreu. Heute ist sie das letzte Relikt des Harrachschen Gartenpalais, das einem unscheinbaren Neubau weichen musste.

Stiche und Abbildungen dokumentieren jedoch noch heute die ursprüngliche Schönheit des Palais Harrach. Das Gebäude wirkte mehr wie ein Schloss als ein Herrschaftshaus. Besonders auffällig war der Haupttrakt mit seinem hervorspringenden Mittelrisalit, der reich mit Dachbalustraden und Steinfiguren versehen war, während die Seitenflügel zurückhaltender gestaltet waren. Das Innere des Palais bestach mit einer exquisiten Ausstattung, darunter der grosse Festsaal, die Sala Terrena, die Gemäldegalerie und eine prächtige Steintreppe mit kunstvollem Geländer. Namhafte Künstler wie Santino Bussi, Bartolomeo Altomonte und Gaetano Fanti trugen zur Gestaltung dieses aussergewöhnlichen Bauwerks bei.
