9. Bezirk, Rooseveltplatz
Am 18. Februar 1853 entging Franz Joseph I. nur knapp einem Attentat des Schneiders Janos Libenyi. Glücklicherweise überlebte der Kaiser den Angriff. Als Zeichen des Dankes für seine Rettung initiierte sein Bruder, Erzherzog Ferdinand Maximilian, eine Spendenaktion zum Bau einer Gedenk-Kirche. So entstanden die Pläne zur Votivkirche, deren Name sich vom Begriff „Votiv“ ableitet, was ein Dankesopfer für Hilfe in der Not bezeichnet. Rund 300’000 Menschen beteiligten sich mit Spenden für den „neuen Dom“ Wiens.
1854 wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben, an dem 75 Architekten aus der gesamten Donaumonarchie sowie aus Frankreich, England und Deutschland teilnahmen. Der Entwurf des damals erst 26-jährigen Heinrich Ferstel wurde schliesslich ausgewählt. Der Grundstein für die neue Votivkirche wurde 1856 gelegt, die Bauarbeiten dauerten insgesamt 23 Jahre. Die feierliche Einweihung fand am 24. April 1879 statt, genau am Tag der silbernen Hochzeit von Franz Joseph und Elisabeth.
Die Votivkirche – eine dreischiffige Basilika im neugotischen Stil, die sich an französischen Vorbildern orientiert – zählt zu den herausragendsten Bauwerken des europäischen Historismus und zu den bedeutendsten neugotischen Kirchen weltweit. Ursprünglich war das Gottehaus als Ruhmeshalle für grosse österreichische Persönlichkeiten gedacht. Die einzige Gedenkstätte in der Kirche ist jedoch einzig diejenige von Feldhauptmann Niklas Graf von Salm, dessen Gebeine von seiner früheren Ruhestätte in der Dorotheerkirche hierher verlegt worden sind. Auch das ursprüngliche Konzept, die Votivkirche als „Dom der Völker“ zu deklarieren, wurde nicht umgesetzt, da die zunehmenden nationalen Spannungen im Zuge des Nationalliberalismus dies verhinderten.
Im Jahr 1880 wurde die Votivkirche zur Pfarrkirche erhoben, eine Funktion, die sie bis heute erfüllt. Nach dem Zerfall der Donaumonarchie verfiel die Kirche jedoch zunehmend, da die finanziellen Mittel für eine angemessene Instandhaltung fehlten. Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Votivkirche erhebliche Schäden, insbesondere am Dachstuhl und an den Fenstern. Die Beschädigungen konnten nach dem Krieg nur unzureichend repariert werden. Vor der Jahrtausendwende begannen endlich umfassende Renovierungsarbeiten. Sie dauerten bis 2023 und kosteten ingesamt rund 40 Millionen euro. Im November 2023 wurden die vollbrachten Renovierungsarbeiten mit einem Hochamt gefeiert.