4. Bezirk, ehem. Argentinierstrasse 16
In den Jahren 1871 bis 1873 errichtete der Architekt Friedrich Schachner, ein Schüler von August Sicard von Sicardsburg, an der unteren Argentinierstrasse ein eingeschossiges Wohnpalais für einen vermögenden Wiener Bürger namens Franz Pranter (möglicherweise handelt es sich um den damaligen städtischen Steinmetzmeister). Zu jener Zeit trug die Argentinierstrasse noch den Namen Alleegasse. Pranter bewohnte das Haus nur kurz, denn bereits 1874 liess er sich – ebenfalls von Schachner – an der Waaggasse ein weiteres Palais erbauen, das spätere Palais Haas.
Die Liegenschaft an der Alleegasse ging in den Besitz des Stahlindustriellen Carl Wittgenstein über, der das Gebäude durch umfangreiche Umgestaltungen und Erweiterungen nach seinen Bedürfnissen anpassen liess. Die Fassade des neunnachsigen Baus wurde durch Pilaster gegliedert, der reiche Fensterschmuck mit Ornamenten sowie Dreiecksgiebeln verlieh dem vergleichsweise niedrigen Gebäude ein nobles Erscheinungsbild. Die Innenausstattung war ebenso opulent: Das Stiegenhaus mit verglastem Oblicht wurde mit schlesischen Marmor ausgestattet, die Repräsentationsräume waren von aufwendigen Kassettendecken überspannt.
Ein Haus der Kunst
Carl Wittgenstein war ein grosser Förderer der Künste und investierte als Mäzen ansehnliche Summen in die Unterstützung aufstrebender Künstler. Viele ihrer Werke fanden im Palais Wittgenstein ihren Platz. Besonders erwähnenswert sind das Porträt seiner Tochter Margarete sowie „Der goldene Reiter“ – beide von Gustav Klimt. Auch die Musik spielte im Hause Wittgenstein eine zentrale Rolle. Carl Wittgenstein starb 1913, und seine Nachkommen bewohnten das Palais weiterhin.
Im Zweiten Weltkrieg wurden Teile des Palais durch Bomben beschädigt, doch blieb das Gebäude weitgehend bewohnbar. In dieser Zeit wurden einige Räume von Gerichtsbehörden genutzt. Aus Sorge um die unsichere Zukunft verkauften die Wittgenstein-Nachkommen das Palais schliesslich an die Länderbank, die es abreissen liess. An seiner Stelle steht heute ein gesichtsloser Wohnblock, der kaum an die einstige Pracht des Palais erinnert.