4. Bezirk, Karlsplatz
Als 1713 in Wien die Pest wütete und Tausende Menschen dahinraffte, gelobte Kaiser Karl VI., eine grosse, dem Pestheiligen Karl Borromäus geweihte Kirche zu errichten, sollte die Seuche bald aus der Stadt verschwinden. Der Kaiser rief einen Wettbewerb ins Leben. Die Entwürfe von Johann Bernhard Fischer von Erlach gewannen den Zuschlag, 1716 wurde der Grundstein für die neue Kirche gelegt. 1723 starb Fischer von Erlach, woraufhin sein Sohn Joseph Emanuel die Bauleitung fortführte und einige Änderungen an den Plänen vornahm. 1737 war das Bauwerk vollendet, das sich damals noch ausserhalb der Stadt befand.
Fischer integrierte in die Karlskirche verschiedene architektonische Elemente mit besonderen stilistischen Anleihen und Vorbildern: Die Fassade in der Mitte, die zur Vorhalle führt, ahmt einen griechischen Tempelportikus nach, während die beiden flankierenden Säulen Repliken der Trajanssäule in Rom sind. Die Turmpavillons auf beiden Seiten der Kirche lehnen sich an den römischen Barock an, wie er von den Architekten Bernini und Borromini geprägt wurde. Die Kuppel mit ihrem langgezogenen Tambour wurde von Fischer dem Jüngeren verkürzt und teilweise abgeändert. Der Hofbeamte Carl Gustav Heraeus verfasste das ikonographische Programm, welches den Heiligen Karl Borromäus in Verbindung mit dem Kirchenstifter Kaiser Karl VI. bringt.
Dies zeigt sich hauptsächlich im Relief des Giebels über dem Eingang, das die Kardinaltugenden Weisheit, Gerechtigkeit, Besonnenheit und Tapferkeit darstellt. Zusammen mit der Figur des Patrons auf der Giebelspitze wird so der Stiftungsanlass beschrieben, was sich in der Attika fortsetzt. Die Attika war in den ursprünglichen Plänen nicht enthalten, sondern wurde von Fischer von Erlachs dem jüngeren hinzugefügt.
Die beiden Säulen machen das einzigartige Erscheinungsbild der Kirche im wesentlichen aus. Das Spiralrelief, das sich bis an die Spitze hochzieht, zeigt Stationen und Ereignisse aus dem Leben des Karl Borromäus. Im Eingangsbereich befinden sich Engelsfiguren aus dem Alten und Neuen Testament. Das Innere der Kirche wird von kostbaren Fresken und Gemälden bestimmt. Besonders hervorzuheben ist das monumentale Kuppelfresko von Johann Michael Rottmayr, das die Fürbitte des Karl Borromäus darstellt, unterstützt von der Maria Muttergottes. Auch hier sind die vier Kardinaltugenden wieder mit dargestellt. Die Seitenkapellen sind mit Fresken von Daniel Gran ausgestattet.
Das Gemälde am Hochaltar zeigt die Himmelfahrt des Kirchenpatrons, wurde von Fischer von Erlach dem Älteren entworfen und von Ferdinand Brokoff ausgeführt. In den Kapellen und an den Seitenaltären finden sich weitere Werke bedeutender Künstler, unter anderem Sebastiano Ricci, Martino Altomonte und Jakob van Schuppen.
Die Wiener Karlskirche gilt als eine der bedeutendsten Barockkirchen nördlich der Alpen und ist das herausragendste Beispiel österreichischen Kirchenbarocks. Sie ist neben Schloss Schönbrunn das Hauptwerk Fischer von Erlachs.