4. Bezirk, Rainergasse 22

Mitte des 18. Jahrhunderts liess sich die Grafenfamilie von Thurn-Valsassina in auf der Wieden ein Gartenpalais errichten. 1869 erhielt das Palais nach Plänen von Josef Stranner einen linken Seitenflügel, und um 1894 liess Vinzenz Graf Thurn-Valsassina den rechten Seitentrakt durch den Architekten Max Kaiser hinzufügen. Vom einst weitläufigen Garten, der sich bis zur Wiedner Hauptstrasse erstreckte, ist heute kaum noch etwas erhalten. Als in den 1870er-Jahren die damals bekannte Schriftstellerin Ada Christen einige Zeit im Haus lebte, formierte sich ein Künstlerkreis, der regelmässig im Palais Thurn-Valsassina zusammenkam. Zum Kreis gehörten unter anderem Ferdinand von Saar, Ludwig Anzengruber, Friedrich Amerling oder Ludwig Ganghofer. In der Nachkriegszeit verkaufte die Famlie Thurn-Valsassina ihren einstigen Sitz auf der Wieden an die Wiener Städtische Versicherung.

Das insgesamt eher uneinheitlich wirkende Palais steht an der Ecke Rainergasse / Johann-Strauss-Gasse und fällt auf den ersten Blick kaum auf, da die Fassade – insbesondere an der Rainergasse – schlicht gehalten ist. Auffällig ist jedoch der aus strassenseitiger Sicht um eine Achse nach links versetzte, leicht erhöhte Mittelrisalit, der hofseitig durch drei hohe korbbogige Fenster und einen mittigen Balkon mit Schmiedeeisengeländer akzentuiert wird. Der linke Seitentrakt weist partiell Blattranken- und Masswerkdekor auf, der rechte Flügel ist im neomanieristischen Stil gehalten. Im Ehrenhof steht ein Brunnen mit einer Figurengruppe – ein Putto mit Fisch. Es ist die Kopie eines Details des Donnerbrunnens am Neuen Markt.