1. Bezirk
Der Graben ist keine Strasse im eigentlichen Sinn, sondern vielmehr ein Platz. Er beginnt am Stephansplatz, führt in nordwestlicher Richtung vom Stephansdom weg und endet an der Gabelung zum Kohlmarkt und zur Tuchlauben. Die Entstehung seines Namens reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück, als an dieser Stelle tatsächlich ein Wassergraben entlang der damaligen Festungsmauer verlief, die aus der Römerzeit stammte. Im 13. Jahrhundert wurde dieser Graben zugeschüttet und diente fortan als Marktplatz. Zunächst wurde er als Milchmarkt genutzt, später gesellten sich Krauthändler, Fleischer und Bäcker hinzu.
Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Graben zu einem bedeutenden Gemüsemarkt, der bis ins 18. Jahrhundert existierte. In dieser Zeit entstand auch die Tradition des jährlichen Christkindlmarkts am Graben. Doch mit dem Aufkommen des Barock änderte sich die Nutzung des Platzes grundlegend. Der Graben wurde zunehmend für festliche Anlässe und Zeremonien genutzt, was das Markttreiben allmählich verdrängte. Beliebt waren Zurschaustellungen und Festivitäten. Bei Huldigungen des Hofes wurden prächtige Tribünen und Gerüste errichtet. Aus den beiden Brunnen am Graben floss ztu gewissen Anlässen roter und weisser Wein. Später wurde der Graben erweitert und war eine Zeit lang auch Rotlichtmilieu.
Unabhängig von seiner jeweiligen Funktion war der Graben seit jeher das gesellschaftliche Zentrum Wiens, nicht zuletzt, weil er die Verbindung zwischen kirchlicher Macht (Stephansdom) und weltlicher Macht (Hofburg) symbolisiert. Heute ist der autofreie Graben von prachtvollen Historismus- und Jugendstilfassaden sowie eleganten Geschäften gesäumt. In der Mitte des Grabens steht die Pestsäule, ein Meisterwerk des Barock. Errichtet im Jahre 1679, erinnert es an die finsteren Zeiten, als die Pest in Wien wütete. Aus der Barockzeit sind am Graben heute neben der Pestsäule nur noch die etwas zurückgesetzte Peterskirche und das Palais Bartolotti-Partenfeld erhalten.