Pestsäule am Graben

1. Bezirk, Graben

planet-vienna, die pestsäule am graben

Mehrmals wurde Wien von der Pest heimgesucht. Die schlimmste Epidemie erlebte die Kaiserstadt im Jahre 1679, Tausende Menschen wurden innert kurzer Zeit dahingerafft. Deshalb beschloss der Stadtrat gemeinsam mit einer geistlichen Bruderschaft die Errichtung einer sogenannten Pestsäule, welche der Heiligen Dreifaltigkeit und den Neun Chören der Engel geweiht werden sollte. Sie sollte als Ort der Fürbitte zur Abwendung der Seuche dienen. Ursprünglich wollte man die Pestsäule auf dem ehemaligen Friedhof der Peterskirche errichten, entschied sich dann jedoch für den Graben.

planet-vienna, die pestsäule am graben

Die Pest wütete unaufhaltsam weiter, und die Zeit drängte. So sah man eine hölzerne Säule vor, die beim Bildhauer Johann Frühwirth in Auftrag gegeben wurde. Dieser orientierte sich an bisherigen Gedenksäulen mit der Heiligen Dreifaltigkeit in Gestalt des Gnadenstuhls mit Gottvater, dem gekreuzigten Christus und dem Heiligen Geist als Taube. Dieses Motiv ist in Österreich besonders verbreitet und hat ihren Ursprung in der Kirche am Sonntagsberg bei Waidhofen an der Ybbs. Frühwirths Gruppe der Neun Chören der Engel bestand aus neun grossen Engeln, die sich um eine korinthische Säule sammeln. Im Inneren des Sockels sollte eine Öllampe brennen.

Am 27. Oktober 1679 war die hölzerne Pestsäule vollendet und wurde aufgerichtet. Männer in Büsserkleidung trugen die einzelnen Figuren vom alten Rathaus an der Wipplingerstrasse zum Graben und setzten sie auf ihren Platz an der Säule. Zwei Tage später wurde das neue Monument durch den Abt des Schottenklosters eingeweiht.

Verzögerter Bau

planet-vienna, abraham a sancta clara
Abraham a Sancta Clara

Als die Pest erloschen war, wurde an der Pestsäule am 17. Juni 1680 ein feierliches Dankesfest abgehalten, bei dem der Augustiner Abraham a Sancta Clara seine Rede „Danck und Denckzahl“ hielt. Kaiser Leopold I. hatte bereits am 18. Oktober 1679, als die Pest am schlimmsten wütete, gelobt, ein Denkmal aus Marmor zu stiften. Man plante zunächst, ein Ebenbild der hölzerne Pestsäule in Stein zu schaffen, verwarf dies dann jedoch. Nach einem zweiten Gelübde des Kaisers im Jahre 1682 griff man diese Pläne erneut auf und beauftragte den Bildhauer Matthias Rauchmüller mit der Neugestaltung der Säule. Aus Salzburg wurden die Marmorblöcke herangeschafft. Doch Rauchmüller starb im 1686, als die plastischen Arbeiten noch in vollem Gange waren. Vollendet waren erst das dreiflügelige Säulenpodest der Säule und drei grosse Engelsfiguren.

Die feierliche Grundsteinlegung zur neuen Säule vollzog Kaiser Leopold I. am 30. Juli 1687. Doch seit der Türkenbelagerung vier Jahre zuvor, waren die Staatskassen ziemlich leer. Mautabgaben und Opfergelder sollten’s richten. In den folgenden Jahren verbesserte sich die wirtschaftliche Situation der Stadt deutlich. Mehrere Neuplanungen der Säule verliefen ins Leere.

Der Architekt Johann Bernhard Fischer von Erlach unterbreitete schliesslich dem Baukommitee den Gestaltungsvorschlag für eine Dreifaltigkeitssäule, wie es sie noch nicht gegeben hatte. Das bereits vollendete Podest sollte nicht einfach die Basis für neun Engel sein, sondern als eigenständiges Element der gesamten Architektur fungieren und mit zwölf Reliefs versehen werden, die Fischer von Erlach selber entwarf. 1693 war die Wiener Pestsäule am Graben endlich fertiggestellt und konnte geweiht werden.

Ein Monument aus Untersberger Marmor

planet-vienna, die pestsäule am graben 1945
Steinerner Schutzmantel während des Zweiten Weltkriegs

Der Kern der Säule besteht aus Ziegelgestein, alles andere ist Untersberger Forellenmarmor, ein dichter Kalkstein mit rötlichen Einschlüssen. Einzig die kniende Figur Kaiser Leopolds I. darstellt besteht aus einem anderen Stein, einem kristallinen Laaser Marmor aus dem Südtirol. Seit der Fertigstellung der steinernen Pestsäule weiss man von fünf umfassenden Restaurierungen. 1886 wurde die Wolkenpyramide mit einem so genannten Stockhammer bearbeitet. Diese ungeeignete Methode hatte eine Reduktion der Oberfläche und Beschädigungen im Steingefüge zur Folge.

Bei der Restaurierung im Jahre 1981 bediente man sich der damals neuesten Erkenntnisse der Gesteinserhaltung. Luftverschmutzung, saurer Regen, Taubenkot und übliche Witterungsverhältnisse wie Frost und Hitze haben der Pestsäule zugesetzt. Man reinigte die Oberfläche und reparierte Risse und Gesteinsdefekte sorgfältig, zudem wurde die gesamte Oberfläche des Monuments hydrophobiert. Die verwitterten Attribute aus Metall erhielten eine Blattvergoldung. 2005 wurde die Pestsäule erneut einer Restaurierung unterzogen.


planet-vienna, die pestsäule am graben
Allegorie der Pest in der Gestalt einer alten Frau mit schlaffen Brüsten