Constanze Adelheid Therese Geiger wurde am 16. Oktober 1836 geboren als Tochter des Komponisten und Pianisten Joseph Geiger und der jüdischstämmigen Hutmacherin Teresia Geiger geb. Rziha. Als Kind erhielt Constanze von ihrem Vater ersten Klavierunterricht, später zählte vermutlich auch Simon Sechter zu ihren Musiklehrern. Constanzes Mutter war sehr ehrgeizig, was das Kind anging. Vermutlich war es vor allem sie, welche Constanze bereits im Alter von sechs Jahren dazu brachte, erstmals öffentlich vor einem grossen Publikum aufzutreten. Das Kind machte sich innert Kürze einen Namen in Wien.
Ihr erstes Musikstück schrieb Constanze Geiger im Alter von neun Jahren – ein vertontes Gebet für eine Militärmusik-Formation. Es wurde im April 1845 in der Pfarrkirche Maria Geburt uraufgeführt und vom Publikum begeistert aufgenommen. Auch die weiteren Werke der jungen Komponistin – darunter Kammer- und Kirchenmusik – stiessen auf grosses Wohlwollen, und sie erhielt Auszeichnungen von höchsten Stellen, obwohl die damaligen Musikkritiker sich tendenziell negativ äusserten, was vermutlich auf Constanze Geigers Geschlecht zurückzuführen ist –Frauen hatten im Kunstgeschehen einen schweren Stand, erst recht, wenn sie besonders talentiert sind und der Männerdomäne Konkurrenz machen könnten.
Eine „Hanswurstin, wie sie leibt und lebt“
Die zurückhaltenden Resonanzen in der Presse taten der wachsenden Bekanntheit Constanze Geigers keinen Abbruch. Die junge Frau ging bald auf Konzertreisen und trat ab 1852 auch als Schauspielerin in Erscheinung, wobei sie hauptsächlich Rollen übernahm, in denen sie zugleich als Musikerin agierte. Als musizierende und singende Darstellerin erwies sich Constanze Geiger als transdisziplinäres Ausnahmetalent und erarbeitete sich hohes Ansehen. Der bekannte Berliner Feuilletonist Ernst Kossak (1814-1880) schrieb über Constanze Geiger, als diese in der preussischen Metropole gastierte:
„Zu Wien lebt eine Dilettantin reiferen Alters, die dort zu den lustigen Originalen gehört und demgemäss besprochen wird, wenn sie an die Öffentlichkeit heraustritt. Sie componirt nicht allein für Piano und Orchester, sie schlägt auch das Klavier und spielt Comödie; ja am liebsten ist es ihr, wenn sie einen ganzen Abend mit Beschlag belegen und alles in allem sein darf. Zwei Märsche mit vielem Blech und Paukenleder, zwei kleine, aber glänzende Klavierstücke nach der Thalberg’schen Schablone, und zwei Theaterstücke, jegliches noch mit mannigfachen Metamorphosen, lehrte uns Fräulein Constanze Geiger, deren zarte Talente durch den Ertrag eines geachteten Wiener Putzgeschäftes vor der Noth des Lebens bewahrt bleiben, bewundern. So lange wir aus einer gewissen Achtung vor dem weiblichen Geschlecht uns zu der Annahme gesträubt haben, es gäbe auch Hanswurste generes feminini: Fräulein Geiger hat uns eines Besseren überzeugt. Sie ist die Hanswurstin, wie sie leibt und lebt. Der alte Gottsched würde sofort einen Viertelhaufen Holz fahren, sie zu braten. Etwas Derartiges ist noch auf keiner Berliner Bühne dagewesen. Die Dame besitzt einen Sprechanismus, dessen Leistungsfähigkeit beinahe Hundertgänsekraft erreicht.“
Rückzug ins Familienleben
Im April 1861 ehelichte Constanze Geiger in der Schottenkirche Leopold von Sachsen-Coburg und Gotha. Es war eine Eheschliessung, die auf gegenseitiger, aufrichtiger Liebe basierte. Das erste und einzige Kind des Paares, Franz, war 1860 – noch vor der Hochzeit – zur Welt gekommen. Die Heirat markierte zugleich das Ende von Constanzes aktivem künstlerischem Wirken, zumal sie sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückzog und sich dem Familienleben widmete. Dennoch wurde Constanze Geigers Musik weiterhin aufgeführt. Von ihrem Gatten erhielt sie den geadelten Namen einer Freifrau von Ruttenstein verliehen. Das Paar pflegte eine enge Bekanntschaft zu Johann Strauss und dessen Familie. Das Strauss-Orchester führte Geigers Kompositionen in seinem Repertoire.
Nach dem Tod Leopolds 1884 verlegte die verwitwete Constanze Geiger – in Wien nur noch als Prinzessin/Baronin von Sachsen-Coburg-Gotha bekannt – ihren Wohnsitz nach Paris. Sie hielt jedoch regen Kontakt zu ihren Kreisen in Wien und veranlasste die erste Pariser Auführung von Carl Millöckers „Bettelstudenten„. Am 24. Juli 1890 starb Constanze Freifrau von Ruttenstein im französischen Dieppe im Alter von erst 54 Jahren an einem Leberleiden. Sie wurde in ehrenvollem Rahmen auf dem Pariser Friedhof Montmartre beigesetzt.