9. Bezirk, Seegasse 9-11

Er ist ein kleines Kuriosum in der Wiener Friedhofslandschaft – dies aufgrund seiner ungewöhnlichen Lage: Der alte jüdische Friedhof in der Rossau befindet sich im Hof des 1980 bis 1982 erbauten Pensionistenheimes „Haus Rossau“. Erreichbar ist der Friedhof ausschliesslich über den Haupteingang des Heimes, welches an der Stelle eines vormaligen Spitals der israelitischen Kultusgemeinde Wien steht.
Es handelt sich um den einzigen erhaltenen jüdischen Friedhof Wiens innerhalb des alten Linienwalls. Seine Ursprünge liegen in der Zeit um 1580, die ältesten urkundlich erfassten Grabsteine stammen aus dem Jahr 1629. Um 1696 wurde der Friedhof erneuert und an seinem Rand auf Initiative des Bankiers Samuel Oppenheimer ein jüdisches Siechenhaus errichtet. Dessen Betrieb sowie die Belegung des Friedhofes wurden 1784 eingestellt, die Gebäudlichkeiten jedoch blieben erhalten, so auch der Friedhof selbst. Dies aufgrund des jüdischen Gesetzes, welches von Kaiser Joseph II. respektiert wurde. Alle christlichen Friedhöfe innerhalb der Stadt hingegen liess er einebnen.
Grabsteine verscharrt und weiderentdeckt

1941 besetzten die Nationalsozialisten das Grundstück mit dem alten Spital, entfernten einen grossen Teil der insgesamt zirka 930 erhaltenen Grabsteine, verbrachten sie auf den Zentralfriedhof und verscharrten sie dort. Weitere Grabsteine wurden gleich vor Ort an der Seegasse vergraben. In den 1980er-Jahren konnten rund 280 der Grabsteine auf dem Zentralfriedhof lokalisiert und an der Seegasse neu aufgestellt werden – soweit möglich an ihrer jeweils ursprünglichen, dokumentierten Stelle. 1984 erfolgte eine Neuweihung des alten jüdischen Friedhofs.
Die meisten Grabsteine auf dem ab 2008 sorfältig restaurierten Friedhof bestehen aus Marmor. Alle tragen ausschliesslich hebärische Inschriften. Einige Grabsteine stammen von einem alten jüdischen Friedhof vor dem einstigen Kärntnertor. Die bekanntesten hier beigesetzten Juden sind unter anderem der Spitalgründer Samuel Opppenheimer (1635-1703), Rabbi Menachem Hendel (1540-1611) und Rabbi Simeon Auerbach (1548-1631).
