1. Bezirk, Bankgasse 9
Der Bau des Palais Liechtenstein begann um 1691 nach Entwürfen von Domenico Martinelli für Dominik Andreas Graf Kaunitz, der das Grundstück von der Familie Khevenhüller erworben hatte. Im Jahr 1694 kaufte Johann Adam Fürst von Liechtenstein das Palais noch im Rohbauzustand. Der Fürst übertrug die Bauleitung dem Architekten Gabriele de Gabrieli, der vor allem am Treppenhaus eigenmächtige Änderungen vornahm. Um 1705 war das Palais vollendet und diente bis 1807 als Aufbewahrungsort der fürstlichen Sammlungen, bevor diese in das Liechtensteinische Gartenpalais im Alsergrund verlegt wurden.
Während der darauffolgenden zwei Jahrzehnten blieb das Gebäude weitgehend ungenutzt. Erst unter Alois II. Fürst von Liechtentein kehrte wieder regelmässiges Leben im Palast an der Bankgasse ein. Er liess die repräsentativen Räume in der zweiten Etage zwischen 1836 und 1847 von Peter Hubert Desvignes im Stil des „Zweiten Rokokos“ ausgestalten. Dieses Werk gilt in Wien als das bedeutendste Beispiel dieser Stilrichtung, welche auf das Biedermeier folgte. Im 19. Jahrhundert war das Palais zudem für seine technischen Innovationen bekannt, wie etwa eine gassenseitige Fensterfront, die sich mit einem einzigen Druck öffnen liess. Weitere Besonderheiten waren verschiebbare Zimmerwände und absenkbare Fussböden. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude schwer beschädigt, insbesondere die Prunkstiege. Nach dem Krieg wurden die Schäden behoben und die Treppe originalgetreu restauriert.
Das Stadtpalais Liechtenstein beeindruckt als monumentaler Baukörper mit einem quadratischen Innenhof und einer Hauptfassade im strengen römischen Barockstil. Zur Bankgasse hin tritt der durch Riesenpilaster gegliederte Mittelrisalit leicht hervor. Das monumentale Hauptportal führt in eine fünfschiffige Eingangshalle. Während die Fassade an die erhabene und noble Erscheinung italienischer Stadtpaläste erinnert, setzen das Haupt- und das reich verzierte Seitenportal zum Minoritenplatz hin markante Akzente des österreichischen Barocks.
An der reichen Innenausstattung haben namhafte italienische Künstler wie Giovanni Giuliani und Santino Bussi mitgewirkt. Inbesondere das Treppenhaus, welches durch seine plastische Ornamentik zu den eindrucksvollsten Stiegenanlagen Wiens zählt, verdient besondere Beachtung und zeugt vom handwerklichen Können der beiden Künstler. Von 2009 bis 2013 ist das Stadtpalais Liechtenstein umfassend restauriert worden. Im Rahmen von Führungen können die Repräsentatiosnräume des Palais mit einer Auswahl an Kunstwerken des Biedermeier und Klassizismus aus der fürstlich liechtenstein’schen Kunstsammlung seither besichtigt werden.