1. Bezirk, ehem. Mölkerbastei 4
Die Mölkerbastei ist ein kleines Überbleibsel der ehemaligen Wiener Stadtbefestigung, welche Mitte 19. Jahrhundert abgetragen wurde und dem Bau der Ringstrasse weichen musste. Ein kleiner Teil fiel der Abtragung nicht zum Opfer, weil der Verlauf der Ringstrasse dadurch nicht gestört wurde. Obwohl lange Zeit Pläne bestanden, diesen Teil der Mölkerbastei ebenfalls einzuebnen, kam das Vorhaben glücklicherweise nicht zustande. Dadurch sind der Nachwelt zwei Architektonische Juwelen erhalten geblieben: Das Pasqualatihaus und das Dreimäderlhaus. In der unmittelbaren Nachbarschaft, da wo heute die Oppolzergasse verläuft und das Palais Lieben-Auspitz steht, wurden im Jahre 1683 auf der Bastei zwei Häuser gebaut, deren Besitzer bis Mitte des 18. Jahrhundert mehrmals wechselten. Um 1754 wurden die Häuser von Maria Anna Gräfin Esterhazy, geborene Fürstin Lubomirska, gekauft. Ihre Söhne verkauften die Häuser um 1801 weiter an Isabella Fürstin Lubomirska, geborene Czartoryska, welche es nur ein Jahr später an den aus Polen stammenden Heinrich Fürst Lubomirski verkaufte, für sich aber ein Wohnrecht behielt.
Im Jahre 1812 (oder 1806) liess Fürst Lubomirski anstelle der beiden alten Häuser ein grosses Palais im Empire-Stil erbauen. Als verantwortlicher Architekt wird – je nach Quelle – Charles Moreau oder Louis Montoyer angenommen. Um 1837 erbte seine Tochter Prinzessin Hedwig de Ligne das Palais. Um 1853 wurde August Graf Breuner-Enkevoirt Besitzer des Palais Lubomirski, in welchem zeitweilig auch die dänische Gesandtschaft untergebracht war. Als nun die Pläne für die Ringstrasse und die Abtragung der Basteien entstanden und Graf Breuner-Enkevoirt damit rechnete, dass sein Palais dem Bauvorhaben weichen musste, plante er den Bau eines neuen Palais, welches in etwa an derselben Stelle auf der künftigen Höhe der Ringstrasse zu stehen hätte kommen sollen.
Unstimmigkeiten und Schwierigkeiten, einen geeigneten Lösungsvorschlag zu finden, führten dazu, dass der Graf sein Bauvorhaben fallen liess. Er entschied sich, das barocke Palais Neupauer an der Singerstrasse zu kaufen, welches fortan unter der Bezeichnung „Palais Breuner“ bekannt war. Das Palais Lubomirski ging an die Wiener Baugesellschaft über, welche es im Jahre 1870 demolierte. Dieser Teil der Bastei wurde danach eingeebnet. So entstanden die Oppolzergasse und die Schreyvogelgasse mit ihrem heutigen Verlauf.
Das Palais Lubomirski war einer der klassischen Wiener Empire-Paläste und dürfte Vorbild gewesen sein für das später erbaute Palais Coburg an der Coburg-Bastei, denn es fiel auf durch seine grosse Vorhalle im linken Teil des Gebäudes, welche mit vier grossen Säulen gegliedert war und dadurch einen ähnlichen Eindruck erweckte wie das Palais Coburg. Der rechte Gebäudeteil mit seinen sechs Fensterachsen war durch Riesenpilaster gegliedert, welche eine Fortsetzung der Säulenhalle andeuteten. Durch das hohe Sockelgeschoss hatte das Palais Lubomirski an seiner erhöhten Lage einen Festungscharakter. Mit dem Palais Lubomirski verschwand einer der ganz besonders bemerkenswerten Palästen aus dem Stadtbild des alten Wien.