Kindheit und Heirat
Am 14. März 1804 wurde Johann Strauss im Haus an der heutigen Flossgasse 7 in der Leopoldstadt als Sohn eines Bierwirtes geboren. Schon früh zeigte er musikalisches Interesse, begann aber um 1817 eine Buchbinderlehre und schloss diese erfolgreich ab. Nebenbei liess sich Johann Strauss Violinunterricht erteilen und lernte Musiktheorie bei Ignaz von Seyfried. Er war ausserordentlich begabt und stiess wenig später als Bratschist zu Joseph Lanner, welcher mit den Gebrüder Drahanek ein Terzett gegründet hatte. Strauss freundete sich mit seinem späteren Konkurrenten Lanner schnell an.
Am 1. September 1825 trennte sich Strauss von Lanners Orchester. Etwa zweieinhalb Jahre zuvor hatte er Anna Streim kennengelernt, Tochter des Wirtes von der Schenke „Zum Roten Hahn“ in Lichtental. Am 11. Juli 1825 heiratete Strauss das junge Mädchen in der Lichtentaler Pfarrkirche, obwohl es zu der Zeit schlecht um seine finanziellen Verhältnisse stand. Die Vorgeschichte Annas respektive deren Mutter ist delikat: Um 1760 tötete ein spanischer Edelmann im Zuge eines Duells einen Angehörigen des Hofes. Er ergriff die Flucht und fand unter dem Namen „Rober“ eine Unterkunft bei Herzog Albert von Teschen, welcher ihm eine Stelle als Koch anbot. Später heiratete er eine Wiener Bürgertochter, die ihm zwei Söhne und zwei Töchter gebar, die jüngere von ihnen hiess Maria Anna. Diese vermählte sich mit dem herrschaftlichen Kutscher Josef Streim, welcher später das Wirtenpatent erwarb und den „Roten Hahn“ übernahm. Ihre gemeinsame Tochter Anna wurde am 30. August 1801 geboren.
Erste Erfolge
Johann und Anna vermählten sich am 25. Oktober 1825. Bereits drei Monate später gebar Anna einen Sohn – Johann. Die junge Familie bewohnte damals eine kleine Wohnung an der heutigen Lerchenfelderstrasse 15. Strauss trat einem Orchester bei, welches in bekannten Gasthäusern aufspielte. Bald schrieb er seinen ersten Walzer: Der „Täuberl-Walzer“ wurde vom Publikum begeistert aufgenommen, und Verleger Carl Haslinger bewarb sich umgehend bei Strauss um das Erstlingswerk. Auch die folgenden Walzer waren stiessen auf Resonanz. Ein besonders grosser Erfolg war der „Kettenbrücken-Walzer“, welcher zum Fasching 1827 in der Leopoldstadt erstmals vorgestellt wurde. Der Beifall war ungeheuer, Strauss erlangte damit über Nacht Berühmtheit.
Es war der historische Moment, der die Wiener Bevölkerung in die „Lannerianer“ und die „Straussianer“ spaltete, gleichsam wurde Strauss nun zu Lanners Rivalen. Ein Meilenstein in Strauss’ Karriere war die Übernahme der Musikleitung im damals über die Landesgrenzen hinaus bekanten Etablissement Sperl in der Leopoldstadt. Inhaber Johann Georg Scherzer hatte Strauss den Wettbewerb um die Stelle gewinnen lassen. Strauss verfügte über ein ausgezeichnetes Orchester, welches er – wie er es wohl von Lanner gewohnt war – mit strenger Hand führte und von dem er höchste Disziplin verlangte. Strauss wurde in kurzer Zeit eine der führenden Persönlichkeiten der Wiener Musikszene, das Sperl galt jetzt erst als eine der allerersten Vergnügungs-Adressen in der Kaiserstadt.
Auf Reisen
1833 unternahm Strauss eine erste Konzertreise nach Pest, wo er mit Begeisterung aufgenommen wurde. Strauss war allerdings bereits zuvor nach Pest eingeladen worden. Dieser ersten Einladung hatte er jedoch aus diversen Gründen nicht nachkommen können, was ihm sehr übel nahm. Die Tagblätter waren voll mit spöttischen Kommentaren. Der Wiener Korrespondent einer ungarischen Zeitung konnte diesen Unmut jedoch schlichten, indem er einen Artikel veröffentlichte und Strauss’ Nichterscheinen glaubhaft mit früher eingegangenen Verpflichtungen begründete.
Der Erfolg in Pest ermutigte Strauss zu weiteren Reisen. Zu Allerseelen des Folgejahres brache er mit seiner Kapelle Richtung Berlin auf, um im königlichen Konzertsaal und im Königstädter Theater Konzerte zu geben. Auch hier mit grossem Erfolg, weshalb Strauss die Gelegenheit erhielt, einige Male im königlich-preussischen Schloss aufzutreten. Der Zufall wollte es, dass bei einem dieser Konzerte auch der Kaiser von Russland mit seiner Gemahlin anwesend und so hingerissen war, dass er Strauss zu einer Konzertreise nach St. Petersburg einlud. Aufgrund seines Vertrages mit Scherzer in Wien konnte Strauss dieser Aufforderung nicht Folge leisten. Auf seiner Rückreise von Berlin nach Wien gab er in Leipzig, Dresden und Prag Konzerte. Im selben Jahr noch wurde er zum Kapellmeister des ersten Bürgerregiments ernannt.
Obschon Strauss‘ Agenda mit Engagements und Verpflichtungen übervoll war, baute er nebenher seine Musiktheoretischen Kenntnisse aus. Er nahm fleissig Unterricht bei Ignaz Ritter von Seyfried und bildete sich im Geigenspiel weiter. Doch seine bisherigen Erfolge im Ausland hielten Strauss nicht lange in Wien. Im September 1835 machte er sich mit seinem Orchester erneut auf die Reise nach Deutschland, konzertierte in München, Augsburg, Ulm, Stuttgart, Heilbronn, Heidelberg, Karlsruhe, Mannheim, Wiesbaden, Frankfurt, Offenbach, Hanau, Nürnberg, Regensburg und Passau. Überall hinterliess der „König des Frohsinns“ grösste Begeisterung; ebenso bei einer weiteren Reise im folgenden Jahr nach Prag, Dresden, Leipzig, Halle, Magdeburg, Braunschweig, Hannover, Hamburg, Bremen, Oldenburg, Osnabrück, Münster, Düsseldorf, Amsterdam, Den Haag, Köln, Aachen, Lüttich, Brüssel, Bonn, Mainz, Frankfurt, Würzburg und Regensburg. Im Frühjahr 1937 plante Strauss eine noch grössere Tournee, denn mit Frankreich und London hatte er vorgängig schon Absprachen getroffen.
So verliess er Wien am 4. Oktober selben Jahres mit seinem 18 Mann starken Orchester. Die Reise führte vorerst über bereits bekannte Stationen wie München, Ulm und Stuttgart, von wo es weiterging nach Strassburg und Paris. In der französischen Hauptstadt überkam Strauss erstmals ein grösseres Lampenfieber, denn bei ersten Konzert im Gymnase Musical sassen im Publikum illustre Gäste wie Meyerbeer, Auber, Cherubini, Adam oder Musard. Strauss’ Sorgen waren umsonst – der Beifall war stürmisch.
Nach zahlreichen Engagements in Paris reiste Strauss mit seiner Kapelle am 13. Dezember weiter nach Rouen und nach Le Havre. Den Heiligen Abend verbrachte die Gruppe in Rouen, von wo der Weg am Weihnachtstag zurück nach Paris führte. Hier blieb Strauss nun längere Zeit und lernte unter anderen Meyerbeer und Berlioz persönlich kennen. Am 28. Februar 1838 verliess Strauss Paris und zog weiter via Amiens, Lille, Antwerpen, Mecheln und Gent nach Brüssel. Das Ziel war jetzt England. Am 12. April traf Strauss in London ein, wo seine Konzerte ebenfalls grosse Resonanz auslösten. Von London aus besuchte er mit seinen Musikern unter anderem Cheltenham, Bath, Birmingham, Liverpool, Manchester, Leamington, Southampton, Portsmouth und Brighton. Sogar in Dublin machte das Orchester Station.
Allmählich kämpften einige Mitglieder des Orchesters mit Heimweh, es machte sich Unmut breit. Das brachte Strauss in die Zwickmühle, denn er hat seinen Musikanten noch nicht mitgeteilt, dass er mit mehreren weiteren Städten in England bereits Verträge abgeschlossen hatte. Er unterbreitete seinen Leuten den Vorschlag einer Erholungsreise nach Frankreich. Sie willigten ein. Eine Gehaltserhöhung vermochte die Gemüter der Spieler zusätzlich zu besänftigen. Wieder zurück in England, setzte Strauss seine Tour fort nach Reading, Morecester, Leicester, Derby, Sheffield, Nottingham, Halifax, York, Hull, Newcastle, Carlisle, Edinburgh, Glasgow und Matefield.
Das schottische Klima setzte Strauss jedoch stark zu, er fing sich eine Erkältung ein. Die folgenden Konzerte dirigierte er mit sichtlich weniger Energie. Allmählich kam er zur Einsicht, dass er die Reisestrapazen nicht länger in dem Masse ertragen kann und er die Rückreise antreten sollte. Über London zog das Orchesgter nach Calais, wo Strauss bei einem Konzert bewusstlos zusammenbrach. In Paris untersuchten Ärzte ihn gründlich und stellten ihm keine gute Genesungsprognose aus. Via Strassburg, Kehl, München, Linz und Purkersdorf erreichte der schwer erkrankte Strauss Wien.
In den folgenden vier Wochen erholte sich Strauss soweit, dass er wieder konzertieren konnte. Unermüdlich, wenn auch sichtlich angeschlagen, dirigierte er während des folgenden Karnevals im Frühjahr 1839 auf zahlreichen Bühnen. An einem der letzten Tage der Faschingsaison leitete Strauss die Ballmusik beim russischen Gesandten. Am Schluss des Konzertes brach er bewusstlos zusammen. Die Ärzte stellten Nierengeschwüre fest, die Strauss schon länger gequält hatten. Doch abermals erlangte Strauss soweit Genesung, dass er sich wieder ans Dirigentenpult stellte. Er erholte sich vollständig und blieb die kommenden zwei Jahre in Wien.
Schwächen und Stärken
Strauss komponierte trotz seiner regen Reisetätigkeit fleissig seine Walzer, allerdings oft unter grossem Zeitdruck mit vielen Mängeln. Er pflegte es, seine neuen Walzer erste kurz vor der Erstaufführung zu vollenden, was ihn häufig in Bedrängnis brachte. Unterstützung erhielt Strauss von seinem langjährigen Freund Philipp Fahrbach d.Ä., der ihm beim Komponieren sowie der Bereitstellung der Noten half.
Erst später fertigte Strauss Partituren an, die ohne Korrekturen durch fremde Hand waren. In erster Linie schrieb Walzer. In Paris jedoch setzte er sich eifrig mit der Form der Quadrille auseinander, studierte deren Aufbau und begann, selbst solche zu komponieren. Innert Kürze machte er die Quadrille in Wien populär. Eine weitere Stärke bewies Strauss im Komponieren von Galoppen.
Der Mensch Strauss
Strauss war von eher kleiner Statur, zumindest deutlich unter dem damaligen Durchschnitt. Er hatte dunkle Haare, dunkle Augen und ein rundes bleiches Gesicht. Der altwiener Schriftsteller Franz Gräffer beschrieb Strauss einst wie folgt: „Viereckiger Kopf, schöne tiefliegende Augen, kühn gewölbte Stirne, starke Augenbrauen, kokettes Schnurrbärtchen, blendend weisse Zähne, sorgfältig gepflegte Toilette, im persönlichen Umgang bescheiden…“
Im Gegensatz zu Lanner übte Strauss Mässigkeit beim Essen und Trinken. Sein Wesen war heiter, freundlich, und er liebte den Frieden, egal welcher Art. Einzig in seinem Familienkreis war dieser Friede selten zu spüren. Mit seiner Frau Anna stritt sich Strauss täglich, denn seine weltoffene Art und die Reiselust harmonierten nicht mit der gutbürgerlichen Anschauung Annas. Dennoch wurden dem Ehepaar nach Johann noch weitere vier Kinder geschenkt: Josef, Anna, Therese, Ferdinand und Eduard. Die Familie zog innerhalb Wiens mehrmals um, bis sie sich in der Lepoldstadt im so genannten Hirschenhaus endgültig niederliess.
Familiäre Zerrüttung
845 wurde Strauss zum ersten Hofballmusikdirektor ernannt (die weiteren waren später seine Söhne Johann und Eduard und Carl Michael Ziehrer). Dies sollte jedoch nicht das einzig Einschneidende bleiben in bessgtem Jahr: Strauss verliess seine Familie und mietet sich eine kleine, bescheidene Wohnung an der Kumpfgasse in der Wiener Innenstadt. Diesen Schritt haben ihm sogar seine Freunde übel genommen, Strauss hatte die Trennung zudem vollzogen, ohne pflichtgemäss die gerichtliche Behörde zu konsultieren. Die Wohnung teilte er mit einer jungen Modistin Namens Emilie Trampusch, was Anlass zu wilden Gerüchten war. Es ist nicht bekannt, wann Strauss die Trampusch kennengelernt hatte. Bekannt ist, dass sie am 30. Juli 1814 im mährischen Saar (heutiges Žďar nad Sázavou) geboren wurde. Ihr Vater soll Oberarzt gewesen sein.
Mit Emilie Trampusch wird Strauss acht Kinder haben, von denen nur Clementine und Johann das Erwachsenenalter erreichen sollten. Johann liess sich im Sperl den Strauss-Brüdern vorstellen. Diese feierten die „Verbrüderung“ mit Champagner und luden ihn zu sich nach Hause ein. Mutter Anna jedoch verbot ihnen jeglichen Kontakt zu einem Trampusch. Johann wurde wieder ausgeladen. Er verstarb im Jahre 1864 an einem Nierenleiden in Kombination mit den Folgen eines unglücklichen Sturzes.
Trotz Strauss’ Trennung von seiner Familie war er sehr um die Erziehung seiner Kinder mit Anna bemüht. Auch wenn er sich im Hirschenhaus nicht mehr blicken liess, liess er Anna monatlich 500 Gulden zukommen und sich Bericht erstatten. War die Rede von dem auffallenden Musiktalent der Söhne, geriet Strauss in eine Rage. Er wollte nicht zulassen, dass seine Söhne eine Musikerlaufbahn wählten. Doch noch während er sich auf Reisen befand, widmeten sich Johann und Josef heimlich dem Musikstudium. Bald war besonders Johanns Talent schon weit herum bekannt, nur der Vater erkannte das nicht – oder wollte es nicht erkennen.
Als Johann ihn eines Tages fragte, ob er in seiner Kapelle spielen könne, platzte dem Vater der Kragen Er verbot seinem Sohn lauten und unmissverständlich, Musiker zu werden und hiess ihn, einen „ehrlichen“ Broterwerb zu wählen, da er schliesslich kein Talent habe. Johann widersetzte sich und wandte sich weiter der Musik zu. Der aufgebrachte Vater setzte jetzt alles dran, Johanns Auftraggeber daran zu hindern, diesen auftreten zu lassen und drohte ihnen mit Boykott. Es half nichts: Am 15. Oktober 1844 debütierte Johann Strauss Sohn im Dommayer in Hietzing – und erntete beispiellosen Jubel. Selbst die glühendsten Anhänger des alten Strauss, die aus Solidarität eigentlich geplant hatten, den jungen auszubuhen, konnten ihre Begeisterung nicht zurückhalten. Strauss Vater war tief gekränkt. Erst am 23. Juni 1846, als der Sohn seinem Vater mit seiner Kapelle eine Serenade auftrug, fand die Versöhnung statt,. Sie war herzlich und aufrichtig.
Erneut auf Tournee
Im Folgejahr erhielt Strauss Vater nochmals eine Einladung nach Berlin, wo er mit gewohnter Begeisterung aufgenommen wurde. Von dort aus reiste er nach Hamburg und Hannover. Die Heimreise führte über Magdeburg und Berlin nach Wien. Es fogte das Jahr 1848, in Wien brach die Märzrevolution aus. Der Bevölkerung war es keineswegs nach Spiel und Tanz zumute. Strauss äusserte sich nur zurückhaltend oder gar nicht zu den politischen Geschehnissen und komponierte in dieser Zeit vermehrt Märsche. Unter ihnen den ikonischen Radetzky-Marsch, der bei jeder Aufführung endlosen Beifall erntete. Kaum bekannt allerdings ist, dass das berühmte Trio dieses Marsches nicht dem Geiste Strauss’ entsprang, sondern dass er sich hierfür einer Melodie bediente, die von den Wiener Freiwilligen gelegentlich gepfiffen wurde und aus dem „Tinerl-Lied“ stammte, eine altwiener Tanzweise, die nach der Lerchenfelder-Tinerl, eine urige Wiener Volkssängerin, benannt ist.
Im Fasching 1849 herrschte in Wien noch immer gedrückte Stimmung, dennoch plante Strauss eine weitere grosse Konzertreise, obschon er von manchen Seiten den Rat erhalten hatte, in Wien zu bleiben und bessere Zeiten abzuwarten. So reiste er am 8. März über Linz nach München. Über Augsburg führte ihn der Weg weiter nach Ulm, Stuttgart, Heilbronn, Mannheim, Heidelberg, Frankfurt, Mainz, Darmstadt, Koblenz, Bonn, Köln, Düsseldorf, Elberfeld, Aachen und Lüttich. In Lüttich fühlte sich Strauss wohler, denn in Belgien herrschte politische Ruhe im Gegensatz zu Deutschland. Weiter ging es nach Brüssel, Antwerpen und Ostende. Anschliessend führte ihn die Reise wieder ins vertraute London, wo er beim aus Österreich verbannten Fürsten Metternich gastierte.
Krankheit und Tod
Zurück in Wien spielte Strauss wie gewohnt auf. Am 16. September 1849 konzertierte er in Ungers Casino. Doch an jenem Tag fühlte er sich sehr schlecht und konnte das vierstündige Programm nur mit Müh‘ und Not zu Ende führen. Zäh und stur wie Strauss war, ignorierte er seinen geschwächten Zustand und spielte drei Tage später im Sperl. Für einen Widmungsanlass zu Ehren Radetzkys am 22. September wurde die Strauss-Kapelle engagiert. Doch es sollte nicht mehr dazu kommen: Strauss machte sich – stark entkräftet – daran, einen Radetzky-Bankettmarsch zu komponieren. Doch das Werk wurde nicht fertig. Hohes Fieber überkam Strauss schalgartig, er musste sich unverzüglich ins Krankenbett begeben. Der Arzt Dr. Innhauser, ein enger Freund Strauss’, stellte Scharlach fest, das Strauss sich vermutlich wenige Tage zuvor bei seiner jüngsten Tochter Clementine geholt hatte (Clementine wurde später von ihrer Mutter schwer misshandelt, weil diese ihr die Schuld gab für die Krankheit des Vaters). Obschon Dr. Innhauser einen normalen Krankheitsverlauf prognostizierte, zog er den Spezialisten Dr. Raimann für eine Zweitmeinung hinzu.
Am 25. September, um 1 Uhr nachts, verliess Dr. Innhauser Strauss‘ Krankengemach, ab 2 Uhr sollte Dr. Raimann die Wache am Bett übernehmen. Kurz nachdem Innhauser gegangen war, setzte sich Emilie Trampusch zu Strauss und wischte ihm den Schweiss von der Stirn – als dieser plötzlich die Augen aufschlug und mit glasigem Blick ins Leere starrte. Johann Strauss Vater war tot. Emilie brach zusammen. Gleich darauf trat Dr. Raimann ein und stellte fest, dass eine Hirnlähmung den Tod herbeigeführt hatte. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Eine riesige Menschenmenge kam zum Sterbehaus, um den aufgebahrten Leichnam des Meisters ein letztes Mal zu sehen. (Es gibt Berichte, die sagen, dass Emilie Trampusch nach Strauss’ Tod dessen gesamtes Hab und Gut entwendet und den Toten auf nackten Brettern in der Kammer liegenlassen habe. Dies entbehrt jedoch jeglicher Belege.)
Das Begräbnis fand am 27. September um drei Uhr nachmittags statt. Orchestermitglieder trugen den Sarg zum Stephansdom, wo der Verstorbene eingesegnet wurde. Danach brachte ihn ein vierspänniger Galawagen zum Schottentor, von wo er wieder von Orchestermitgliedern zum Döblinger Friedhof getragen und neben seinem Freund und Rivalen Lanner beerdigt wurde (später auf den Zentralfriedhof verlegt). Tausende nahmen an der Zeremonie teil. Zahlreiche Nekrologe erschienen in den Blättern. Der Dichter Eduard von Bauernfeld veröffentlichte noch am Tage des Begräbnisses folgendes Gedicht mit der Überschrift „Das Leben ein Tanz“:
Das ist Strauss, das ist der Wiener,
Das ist Wien-„ so hiess die Losung,
Und man konnte Wien nicht denken
ohne Strauss und ohne Sperl.
Armes Wien! Die Götter haben
Dich nicht lieb mehr, denn sie nahmen
Dir Dein liebstes – Deinen Strauss,
Deinen letzte Trost und Ruhm.
Recht ists, dass die Strasse wimmeln,
Dass die Trauerglocken tönen,
Dass die Kunstgenossen klagend,
Ihres Meisters Hülle tragen.
Was da singt und klingt und springt,
alle harmlos-freudge Luft
Heute fördern wirs zur Ruh, heut
Wird das alte Wien begraben.
Schmückt den Hügel, der es birgt,
Immer frisch mit Blumenkränzen,
Und das holde Wort: „Das Leben
Ein Tanz“ – zeichnet auf das Denkmal.