1. Bezirk, Wipplingerstrasse 8

Im 13. Jahrhundert befand sich an dieser Stelle ein imposanter Gebäudekomplex, der im Besitz der Haimonen war – einer der damals angesehensten Ritterfamilien Wiens. Zum Anwesen gehörte auch eine Kapelle, die heutige Salvatorkapelle. Im Jahr 1316 schenkte König Friedrich I. das Gebäude dem Wiener Stadtrat, der es zum Rathaus umbauen liess. Nach dem Judenpogrom von 1421 wurde das Rathaus erweitert, indem drei benachbarte Häuser, die zuvor jüdischen Eigentümern gehört hatten, in den Komplex integriert wurden.
In der Renaissancezeit erfolgten zahlreiche An- und Umbauten, wobei um 1600 die wichtigsten Räume von der Seite zur Salvatorgasse hin in den Trakt an der Wipplingerstrasse verlegt wurden. Erst ab 1649 verband ein offener Arkadengang beide Gebäudeteile miteinander. Zwischen 1699 und 1713 wurden die Repräsentationsräume dem barocken Zeitgeschmack entsprechend neu ausgestattet.

Von 1706 bis 1708 entstand die heute noch erhaltene hochbarocke Fassade an der Wipplingerstrasse. Anschliessend wurden der Innenhof und die Fassade zur Salvatorgasse neugestaltet. 1725 ersetzte man den Arkadengang durch einen massiven Verbindungstrakt. Um 1780 wurde der Gebäudeteil an der Wipplingerstrasse nach Osten erweitert, und 1842 erfolgte eine Aufstockung der rückwärtigen Trakte. Mit dem Umzug der Stadtverwaltung in das Neue Rathaus im Jahr 1883 verlor das Gebäude an der Wipplingerstrasse seine ursprüngliche Funktion. Renovierungsmassnahmen wurden 1910, 1972 und zuletzt 2001 durchgeführt. Heute beherbergt der historische Bau unter anderem das Magistratische Bezirksamt, das Bezirksmuseum Innere Stadt sowie das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes.
Aufwendig gestaltete Barockfassade

Die dreigeschossige Barockfassade an der Wipplingerstrasse zeichnet sich durch ihren leicht zurückgesetzten Mitteltrakt mit repräsentativem Portal aus. Besonders bemerkenswert sind die allegorischen Frauenfiguren auf den Säulenverdachungen, ein Werk des Bildhauers Johann Martin Fischer. Die Zone oberhalb des genuteten Erdgeschosses wird – mit Ausnahme der Ost-Erweiterung von 1780 – durch ionische Riesenpilaster gegliedert. Die Fenster der Repräsentationsräume im ersten Stock sind mit reich gestalteten Verdachungen versehen. Über dem Portal thront das kaiserliche Wappen, flankiert von zwei Putten mit Krone. Links und rechts davon prangen vergoldete Adler mit Weltkugeln.

Im Gegensatz zur aufwendig gestalteten Hauptfassade ist jene zur Salvatorgasse hin bewusst schlichter gehalten. Hier hat sich ein wertvolles, kunsthistorisch bedeutendes Portal aus der Frührenaissance erhalten, das zur Salvatorkapelle gehört. Im grosszügigen Innenhof steht ein Wandbrunnen mit vollplastischem Bleirelief, das Perseus und Andromeda darstellt – geschaffen um 1741 von Georg Raphael Donner. Der Balkon über dem Brunnen ruht auf allegorischen Putten und ist mit einem kunstvoll gearbeiteten Barockgeländer von Simon Vogl versehen.
Im Erdgeschoss ist noch die ehemalige Bürgerstube aus dem 16. Jahrhundert erhalten. Eine prächtige barocke Zweipfeilerstiege führt in die oberen Geschosse. Dort reihen sich prunkvolle Räume mit aufwendiger Stuckdekoration und Malerei aneinander. Besonders hervorzuheben sind der Grosse und der Kleine Ratssaal sowie der Wappensaal. Im zweiten Obergeschoss befindet sich der ehemalige Gemeinderatssitzungssaal, der 1851 von Ferdinand Fellner dem Älteren im frühhistoristischen Stil gestaltet wurde.
