1. Bezirk, Friedrichstrasse 12
Die Vereinigung bildender Künstler und Künstlerinnen Österreichs, bekannt als Secession (in Anspielung auf die „Abspaltung“ von der offiziellen Künstlervereinigung, um provokativ neue Wege zu gehen), fasste bereits bei ihrer Gründung den Entschluss, in Wien ein eigenes Gebäude zu errichten. Der junge Architekt Joseph Maria Olbrich, ein Mitarbeiter Otto Wagners, wurde mit dem Entwurf beauftragt. Ursprünglich sollte das Gebäude an der Ringstrasse errichtet werden. Doch nach heftigen Protesten im Wiener Gemeinderat gegen die veröffentlichten Baupläne wurde der Standort an die Friedrichstrasse verlegt, am unteren Ende der linken Wienzeile. Aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 17. November 1897 geht hervor, dass der Bau eines provisorischen Pavillons auf zehn Jahre befristet wurde.
Der Spatenstich erfolgte am 28. April 1898. Nur sechs Monate später war das Gebäude vollendet. Die Architektur der Secession ist geprägt von schlichter Geometrie und spiegelt die Ästhetik des Jugendstils wider. Der Eingangsbereich sowie der Ausstellungsraum folgen einem quadratischen Grundriss, der sich in mehreren kreuzförmigen Ordnungen verzahnt. Das äussere Erscheinungsbild ist kantig und kubisch, was den Eindruck eines aus Würfeln zusammengesetzten Bauwerks vermittelt. Dieser Eindruck wird durch die vier eckigen Pylonen verstärkt, welche die charakteristische Kuppel umschliessen. Die Ausstellungsräume sind basilikal gestaltet mit einem erhöhten Mittelschiff, zwei niedrigeren Seitenschiffen und einem abschließenden Querschiff. Tageslicht fällt gleichmässig durch die zeltartigen Glasdächer in den Raum. Überall am Gebäude finden sich Lorbeersymbole, besonders an den Pilastern, an den Seitenfassaden und prominent auf der kugelförmigen Kuppel, die aus 3000 vergoldeten Lorbeerblättern und 700 Lorbeerbeeren besteht.
Nach der Fertigstellung des Gebäudes wurde die Secession – ganz typisch für Wien – von Spöttern mit Bezeichnungen wie „Krematorium“, „Tempel der Laubfrösche“, „Mausoleum“ oder „Ägyptisches Königsgrab“ verspottet. Im Ersten Weltkrieg erlitt das Gebäude schwere Schäden, die jedoch in den Nachkriegsjahren erfolgreich behoben werden konnten. Heute gilt die Secession als eines der bedeutendsten Bauwerke des Wiener Jugendstils und als ein touristischer Höhepunkt für Besucher der Stadt. Jährlich finden im Secessionsgebäude rund 20 grosse Ausstellungen statt, begleitet von Vorträgen, Symposien und Kunstgesprächen. Eine besondere Attraktion ist der so genannte Beethovenfries von Gustav Klimt.