1. Bezirk, Michaelerplatz
Die spätromanische Michaelerkirche am Michaelerplatz, mit ihrem gotischen Chor und Turm, entstand im 13. Jahrhundert und diente einst als Hofpfarr- und Barnabitenkirche. Die Barnabiten, ein katholischer Männerorden, prägten die Geschichte der Kirche massgeblich. Der Chor und die unteren Turmelemente stammen vermutlich aus dem 14. Jahrhundert. Im Laufe der Zeit wurde die Kirche mehrfach umgebaut, insbesondere nach verheerenden Bränden und Erdbeben, bei denen auch der obere Teil des Turmes mitsamt dem ursprünglichen Helmdach zerstört wurde. Der Turm erhielt daraufhin sein heutiges Spitzdach. Seit 1792 präsentiert sich die Kirche in ihrer jetzigen Form.
Die schlichte, aber eindrucksvolle klassizistische Fassade aus weissem Stein wurde 1729 von Ernest Koch gestaltet, während Antonio Beduzzi 1725 den grossen Portalvorbau schuf. Die markante Engelssturz-Gruppe aus Sandstein über dem Eingangsportal stammt von Lorenzo Mattielli. Der Rokoko-Hochaltar, ein Meisterwerk des Jean Baptiste d’Avrange, zieht ebenso die Blicke auf sich wie der Kreuzigungsaltar und der Triumphbogenaltar, die um 1823 von Johann Zobel konzipiert wurden. In der Michaelerkirche fand die Uraufführung von Mozarts Requiem statt, was ihr eine besondere Bedeutung in der Musikgeschichte verleiht.
Eine der bemerkenswertesten Attraktionen der Kirche ist die Michaelergruft, die aufgrund ihrer besonderen klimatischen Bedingungen zahlreiche Mumien birgt. Zwischen 1631 und 1784 wurden hier etwa 4000 Menschen bestattet. Heute finden sich in der Gruft noch hunderte hölzerne und gusseiserne Särge mit konservierten Leichen, von denen einige noch ihre ursprüngliche Kleidung und Perücken tragen. Besonders eindrucksvoll ist der Anblick eines Mannes, dessen Kleidung aus Filzschuhen, Hose und Weste noch nahezu unversehrt erhalten ist.
In einem anderen Sarg ruht eine Frau, bei der der Verdacht besteht, dass sie schwanger war, was jedoch aufgrund fehlender Totenscheine und bislang unterbliebener medizinischer Untersuchungen nicht belegt ist. In der Gruft liegt auch der Librettist Mozarts, Pietro Metastasio, in einem Zinnsarg bestattet. Wohlhabendere Bürger konnten sich in der Michaelergruft einen Begräbnisplatz direkt unter dem Hochaltar sichern, während weniger Betuchte weiter davon entfernt beigesetzt wurden, je nach Höhe des gezahlten Betrags.