Aus „Die drei Wünsche„ von Carl Michael Ziehrer
Wenn der Mensch nach jungen Jahren
hoffnungsreich ins Leben tritt,
sieht er oft nicht die Gefahren,
die ihm droh’n bei jedem Schritt.
Voll das Herz von tausend Wünschen
stürmt er fort von Ort zu Ort
wahren Glückes selt’ne Blume
sucht bald hier er und bald dort.
Erst wenn verronnen manches Jahr,
wird es ihm plötzlich offenbar:
Es war ein süsser holder Trug,
wofür das Herz so stürmisch schlug.
Was er gewünscht sich tausendmal,
war nur ein Traum, ein Ideal.
Drum wünsch‘ dir nicht des Himmels Stern,
sonst bleibt das Glück dir ewig fern.
Pflück dir die Rose gleich vornrein,
dann wirst du wahrhaft glücklich sein.
Manche holde Mädchenknospe
schliesst ihr Herz dem Liebsten auf.
denkt, der eine sei ihr eigen
für den ganzen Lebenslauf.
Treue hat er ihr geschworen,
und ihr Herz im Busen spricht:
‚Eher geht das Weltall unter,
eh‘ er seine Schwüre bricht.‘
Doch bald entdeckt mit wildem Schmerz
das arglos liebend Mädchenherz:
Es war ein süsser holder Trug,
wofür das Herz so stürmisch schlug.
Was es gewünscht sich tausendmal,
war nur ein Traum, ein Ideal.
Drum wünsch‘ dir nicht des Himmels Stern,
sonst bleibt das Glück dir ewig fern.
Pflück dir die Rose gleich vornrein,
dann wirst du wahrhaft glücklich sein.
Und so klingt’s: