1. Bezirk, Schottenring 19
Als das spätere Café Schottenring am 8. November 1879 vom Cafetier L. Eger unter dem Namen „Café Lloyd – Restauration und Bierhalle im neuen Gebäude der Frucht- und Mehlbörse“ eröffnet wurde, zog es zahlreiche Besucher aus dem Wirtschaftssektor an. Schnell etablierte sich das Lokal als fester Bestandteil der Wiener Kaffeehausszene und erhielt irgend wann seinen auf den hiesigen Ringstrassenabschnitt lautenden Namen.
Das Kaffeehaus wurde durch seine Nähe zur Börse gerne von Handelsleuten aufgesucht und war unter diesen bekannt für sein Extrazimmer, wo ein besonderer Stammtisch sich an jedem ersten Montag des Monats traf. Es war ein illustrer Zirkel, der Ost-West-Geschäfte abwickelte und an dem man nur auf schriftliche Einladung teilnehmen konnte. Es handelte sich hauptsächlich um Tauschgeschäfte, bei denen kein Bargeld involviert war. Der Stammtisch – offiziell „Countertrade Round Table Meeting“ genannt – war bei Kaufleuten aus aller Herren Länder bekannt.
In neuerer Zeit war das Café Schottenring immer mehr auch bei Touristen beliebt, weshalb das Angebot entsprechend angepasst wurde. So erhielten die Gäste regelmässig die traditionelle Zubereitung von Strudel demonstriert. An gewissen Nachmittagen sorgte ein Pianist mit Wiener Musik und leichter Unterhaltung aller Art für besondere Kaffeehausatmosphäre. Am Tresen wurden typische Wiener Produkte wie Viennalia und Kaffee aus der hauseigenen Rösterei angeboten, und es lagen internationale Zeitungen aus. Trotz dieser Anpassungen bewahrte das Café seinen urwienerischen Charme und war weiterhin ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und Studenten.
Charmantes Stilgemisch
Die Einrichtung des Cafés wirkte auf den ersten Blick zusammengewürfelt – eine Mischung aus biedermeierlichem Samt, Holz und etwas Kitsch –, strahlte jedoch Behaglichkeit und ein besonderes Flair aus. Der Parkettboden stammte aus der Bauzeit, nicht original hingegen waren die Deckenleuchter. Die monumentalen Spiegel an den Wänden waren ein Merkmal des Cafés, so auch die reiche, schwere Stuckdecke, die unter Denkmalschutz stand.
Das Café Schottenring gehörte zu den letzten vier von einst 27 grossen Kaffeehäusern entlang der Ringstrasse, welche bis ins 21. Jahrhundert Bestand hatten. Ende Juli 2012 wurde der Betrieb eingestellt, weil der Hauseigentümer das Gebäude renovieren liess. Der Kaffeehausbetreiber Manfred Szabo befürchtete, dass er das Lokal nach den Renovationen aufgrund deutlich höherer Mietzinsen nicht wieder eröffnen werden kann. So ist es dann auch gekommen: Das authentische Wiener Kaffeehaus am Ring ist Geschichte…