Börse

1. Bezirk, Schottenring 16

planet-vienna, die alte börse am schottenring

Als die Räumlichkeiten der 1771 gegründeten Wiener Börse an ihrem Standort im Palais Ferstel in der Herrengasse allmählich zu klein geworden waren, zog die Börsekammer den Architekten Heinrich Ferstel als Berater für ein neues Börsengebäude hinzu. Zu Ferstels Missfallen wurde letzlich jedoch Theophil Hansen mit der Ausarbeitung der ersten Pläne beauftragt. Ferstel konnte nicht nachvollziehen, warum ein anderer Architekt seine ursprünglichen Ideen weiterführen und vollenden sollte. Dennoch beharrte die Auftraggeberin auf Hansens Entwürfen und übertrug ihm die Ausführung. Kaiser Franz Joseph stellte ein Baugrundstück am Schottenring zur Verfügung.

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Hansen erhielt bei der Planung Unterstützung von Architekt Karl Tietz, der massgeblich zum Projekt beitrug. Als Tietz 1872 psychisch erkrankte, übernahm Hansen die Fertigstellung des Gebäudes auf Basis seiner ursprünglichen Pläne. Der Bau schritt jedoch nur schleppend voran, da die Materialbeschaffung nicht reibungslos verlief und Hansens Hang zu aufwendigen Details und üppiger Zierde mehr Zeit in Anspruch nahm als geplant. Diese Verzögerungen führten auch zu finanziellen Überschreitungen, sodass Hansen gezwungen war, Teile der Bauarbeiten selbst zu finanzieren. Dank seines Ehrgeizes und seiner Zielstrebigkeit konnte er seine Vision jedoch vollständig umsetzen.

Probleme mit der Heizung und ein Grossbrand

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Doch kaum war das Haus fertiggestellt, gab es Probleme: Die Heizung führte zu einem nachteilhaften Feuchtigkeitsverhältnis im Inneren, wodurch die Malschicht an den Wänden schnell brüchig wurden. Reparaturen waren bereits vor der offiziellen Eröffnung am 12. März 1877 notwendig. Am 13. April 1956 wurde das Gebäude durch einen verheerenden Brand – vermutlich verursacht durch eine brennende Zigarette, die durch einen Kellerrost ins Innere gefallen war – schwer beschädigt. Der Börsensaal wurde dabei völlig zerstört. Die anschliessenden Reparaturen dauerten drei Jahre. Der Saal wurde jedoch nicht wieder rekonstruiert, sondern an seiner Stelle ein Innenhof geschaffen.

1998 zog die nun privatisierte Wiener Börse aus. Seit 2001 hat sie ihren Sitz im Palais Caprara-Geymüller an der Wallnerstrasse. Das alte Börsengebäude am Schottenring ist heute im Besitz einer Stiftung. Die Räumlichkeiten können für diverse Veranstaltungen oder zur Büronutzung angemietet werden.

Der rote, grosszügig gegliederte Sichtziegelbau der Wiener Börse ist eines der prägendsten architektonischen Meisterwerke der Ringstrasse. Die stilistische Formensprache des Monumentalbaus entspricht weitgehend der Renaissance. Der deutlich erhöhte Mittelrisalit, die niedrigeren Seitentrakte und die Eckrisalite verleihen dem Bauwerk sein markantes Gepräge. Grosszügige Säulenordnungen und reich relifierte Giebelfelder am Haupttrakt sind besonders charakteristische Merkmale.


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