8. Bezirk, Ladesgerichtsstrasse 5
Gleich am Rande des ehemaligen „Exercir Platzes“ auf dem Grunde des heutigen Rathauses, dem einstigen Josefstädter Glacis, eröffnete ein gewisser Herr Kappelmayr ein Kaffeehaus. Der Cafétier war seinerzeit in Wien eine weitherum bekannte Figur. Bereits vor der Übernahme der Räume am Exerziergrund hatte Kappelmayr seit 1827 das Kaffeehaus „Beim weissen Ochsen“ am Fleischmarkt geführt, wo viele Hellenen ein- und ausgingen, weshalb das Café auch den Beinamen „Das Griechische“ geführt hatte.
So startete Kappelmayr also an der ehemaligen Adresse Josefstädter Glacis Nr. 211 seine zweite persönliche Kaffeehaus-Ära. Freilich trug das Kaffeehaus noch nicht den heutigen Namen, wusste man doch gar noch nicht, das hier einst das neue Rathaus zu stehen kommen sollte. Es war wohl schlicht als das „Bürgerliche Caféhaus Kappelmayr“ bekannt. Es rühmte sich seiner edlen Einrichtung wegen. Fast das gesamte Interieur stammte aus angesehenen Wiener Werkstätten.
Nach dem denkwürdigen Jahre 1848 machte ein hauseigener Kappelmayr-Punsch von sich reden, was jedoch nicht lange währte. Denn um 1850 ging der Betrieb in den Besitz eines Herrn Billisauer über. Die kommenden 50 Jahre liegen mehrheitlich im Dunkel der Historie. Mindestens bis um die Jahrhundertwende Katharina Langecker das Café übernahm. Zu der Zeit war das neue Rathaus fertig gestellt und fungierte bald als Namensgeber. Das ehemalige Glacis war von der Karte verschwunden, und das Kaffeehaus kam an der heutigen Landesgerichtsstrasse zu liegen – oder für Wiener verständlicher: an der Zweierlinie.
Das Café ist damals wie heute beliebt, entsprechend gut besucht und oft nicht ganz so ruhig, wie es an andern Orten zu und her geht. Auch Touristen entdecken das weitgehend authentisch gebliebene Kaffeehaus immer öfter für sich – ob das nun im Sinne der Eigentümerin ist oder nicht, sei dahingestellt. Wird der lang gezogene Raum nicht gerade von allzu üppigem Vorweihnachtsschmuck eingenommen, erweist er sich als prächtiger Kaffeehaussaal mit wahrhaft schöner Einrichtung, die sich weitgehend aus alter Zeit erhalten hat und doch da und dort von Zeugen aus den 50er-Jahren durchbrochen wird. Rote Samtvorhänge stehen im akzentsetzenden Kontrast zu den mehrheitlich braunen Sitzgarnituren, zwischen denen sich eifrig vornehmlich weibliche Bedienungen umher bewegen.
Man findet hier allerlei Publikum von den Jungen über die Hofratswitwe aus der bürgerlichen Josefstadt bis hin zum Personal der Stadtverwaltung oder hochformell gekleideten Menschen aus dem benachbarten Rathaus.