4. Bezirk, ehem. Theresianumgasse 16-18

Salomon Rothschild, ein Nachfahre des Frankfurter Wechselhändlers Meyer Amschel Rothschild, stieg in Wien durch unternehmerisches Geschick zu einem der bedeutendsten Financiers seiner Zeit auf und erwarb damit immensen Reichtum. Baulich konnte er sich in der Stadt jedoch nicht repräsentieren, da Juden der Bau eigener Palais untersagt war. Erst seinen Söhnen Nathaniel und Albert wurde dies gestattet. Nathaniel, der unverheiratet und kinderlos blieb, widmete sich stärker den Künsten und Wissenschaften als dem Bankgeschäft und überliess das Bankhaus seinem jüngeren Bruder Albert.

Im 4. Bezirk liess Nathaniel ein repräsentatives Palais errichten. Mit der Planung und Ausführung beauftragte er den Pariser Architekten Jean Girette. Zwischen 1871 und 1878 entstand ein monumentaler Palastkomplex, bestehend aus drei Trakten: einem für die Kunstsammlung, einem Wohntrakt und einem Verwaltungstrakt. Die prachtvolle und kostbare Ausstattung spiegelte Nathaniels Leidenschaft für Kunst eindrucksvoll wider. In seinen Räumen veranstaltete er glanzvolle Feste, deren Prunk selbst den hochadeligen Kreisen Wiens Erstaunen und nicht selten auch Neid entlockte.

Nach Nathaniels Tod im Jahr 1905 zog sein Neffe Alfons Rothschild mit seiner Familie in das Palais. Trotz der enormen Dimensionen des Hauses war bald eine Erweiterung erforderlich, da sowohl die Kunstsammlung als auch die wachsende Kinderschar den Raum beanspruchten. Mit dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938 begann für die Familie eine Zeit der Bedrohung. Zahlreiche Kunstwerke konnten rechtzeitig ins Ausland gebracht werden, doch ein grosser Teil verblieb im Palais und wurde von der SS geplündert, die das Gebäude in Beschlag nahm und dort auch Gestapo-Beamte einquartierte.
Im Zuge der Bombenangriffe 1944 wurde das Palais schwer beschädigt. Bei der Rückkehr der Familie nach dem Krieg bot sich ein Bild der Zerstörung: Nur wenige Räume waren begehbar, manche trugen noch Spuren der Gewalttaten, die hier von der Gestapo verübt worden waren. Angesichts der Schäden blieb der Familie keine andere Wahl, als die Ruine abtragen zu lassen. Die noch verwendbaren Steine wurden für die Restaurierung des im Krieg stark beschädigten Stephansdoms genutzt. Heute befindet sich an der Stelle des Bildungsgebäude der Wiener Arbeiterkammer.