Wär‘ es auch nichts als ein Augenblick

Aus „Eva“ von Franz Lehár


Im heimlichen Dämmer der silbernen Ampel,
die Kerzen am Spiegel flackerten leis,
spinnwebdünne Seide umschillert die Glieder,
die Sommernacht war so schwer und heiss.
Unter langen Wimpern die schattigen Augen
und die dunklen Perlen am rosigen Ohr,
aus schneeigen Schultern gleich einer Lilie
wuchs königlich schlank der Hals empor.

Da fiel ihr der Kamm aus dem Haar,
reich flutend gleich gesponnenem Gold,
duftig und schwer,
hold schimmernd Purpurwellen umwallt,
königlich hehr.
Liebliches Bild, das stets mir die Seele erfüllt,
wie im Traum zart Erinnerung sich nur enthüllt.
So war meine Mutter, so möchte ich sein,
umstrahlt von des Märchens lockendem Schein.
So ist meine Mutter, so wie ich sie seh‘,
so fühl‘ ich der Mutter seltsame Näh‘.

Wär‘ es auch nichts als ein Augenblick,
wär‘ es auch nichts als ein Traum vom Glück,
müsst’ gleich dem Frühling es wieder entflieh’n,
wär’s nur so lang, wie die Rosen uns blüh’n.
Ist’s nur ein Tag, den man glücklich ist,
nur eine Stund’, die man nie vergisst.
Wär’s nur ein Trugbild, ein Wahn, ein Phantom,
sag’ ich zum Glück: „Komm, komm.“
Ist’s ein Versinken im wirbelnden Strom,
sag ich zum Glück: „Komm, komm.“

Ist’s nur ein Tag, den man glücklich ist,
nur eine Stund’, die man nie vergisst.
Wär’s nur ein Trugbild, ein Wahn, ein Phantom,
sag’ ich zum Glück: „Komm, komm.“
Ist’s ein Versinken im wirbelnden Strom,
sag ich zum Glück: „Komm, komm.“