Virgilkapelle

1. Bezirk, Stephansplatz

planet-vienna, die virgilkapelle in wien

Während der Bauarbeiten zur Wiener U-Bahn in den 1970er-Jahren stiess man in zwölf Metern Tiefe unter dem Stephansplatz auf eine eine unterirdische Kapelle, eine sogenannte „Capella Subterranea“. Dieser frühgotische Sakralbau war etwa 250 Jahre zuvor zugeschüttet worden und ist in Vergessenheit geraten. Die genauen historischen Hintergründe der Kapelle sind weitgehend unbekannt. Ihr Baustil deutet jedoch auf das frühe 13. Jahrhundert hin, als Friedrich der Streitbare, der letzte Herzog aus dem Hause Babenberg, über Wien herrschte. Einige Historiker vermuten, dass Friedrich die Kapelle errichten liess, um sie dem Heiligen Coloman zu widmen – dem vorgesehenen Schutzpatron einer Diözese, die jedoch nie gegründet worden ist.

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Bekannt ist, dass die Kapelle im Jahr 1307 der Wiener Bürgerfamilie Chrannest gehörte, die sie möglicherweise als Familiengruft nutzte. Innerhalb der Kapelle sollen mehrere Altäre gestanden haben, darunter einer zu Ehren des Heiligen Virgil. An den Wänden der Kapelle sind bis heute byzantinische Radkreuze zu sehen, die gut erhalten geblieben sind. Der Grundriss des Bauwerks misst etwa 6 × 10 Meter und umfasst sechs Nischen. Im Mittelalter befand sich um den Stephansdom ein grosser Friedhof, dessen Totenkapelle – die Maria-Magdalena-Kapelle – direkt über der Virgilkapelle lag. Ein Schacht verband die beiden Bauwerke. Nachdem der Friedhof im Jahr 1732 aufgelassen und die Maria-Magdalena-Kapelle durch einen Brand zerstört worden war, verfüllte man die Virgilkapelle, die daraufhin in Vergessenheit geriet – bis zu ihrer Wiederentdeckung im Jahr 1973.

Heute zeichnet ein Mosaik auf dem Stephansplatz den Grundriss der Virgilkapelle nach. Seit 2015 ist die Virgilkapelle eine Aussenstelle des Wien Museums und ist für Besucher zugänglich.


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Alte Ansicht des Stephansfriedhofes mit der
Magdalenenkapelle rechts
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Die Grundrissmarkierung der Virgil- und der Magdalenenkapelle auf dem Stephansplatz