1. Bezirk, Universitätsring
Im Jahr 1365 wurde die Wiener Universität gegründet, die somit als erste Hochschule im deutschsprachigen Raum gilt. In den Anfangsjahren gab es kein eigenes Universitätsgebäude, weshalb der Unterricht an verschiedenen Orten stattfand – teils privat, teils in Kirchen. Erst um 1384 bezog man Räumlichkeiten an der Dominikanerbastei. In den folgenden zwei Jahrhunderten verlor die Universität jedoch zunehmend an Bedeutung. Politische Umstände, wiederkehrende Pestepidemien und bürgerliche Konflikte führten zu einem signifikanten Niedergang.
Erst mit der Ankunft der Jesuiten in Wien im Jahr 1623 erwachte die Wiener Universität aus ihrem Dornröschenschlaf. Trotz der Reform von 1760, welche den Jesuiten die Lehrtätigkeit untersagte, konnte der Universitätsbetrieb aufrechterhalten werden. Im Zuge der Entstehung der Ringstrasse beauftragte Franz Joseph I. die Architekten Eduard van der Nüll und August Sicard von Sicardsburg mit der Planung eines neuen Universitätskomplexes auf dem Gelände hinter der Votivkirche. Doch das Vorhaben wurde nicht verwirklicht, da Heinrich Ferstel, Architekt der Votivkirche, mit dem Entwurf nicht einverstanden war.
Ferstel erarbeitete gemeinsam mit einem Komitee einen neuen Plan. Die Aufgabe stellte ihn vor eine grosse Herausforderung, da erstmals ein Bauwerk entstehen sollte, das eine Vielzahl an Funktionen vereinen musste. Neben vier zentralen Fakultäten sollten auch Ämter, Hörsäle, Festräume und Wohnungen integriert werden. Mit grossem Geschick löste Ferstel diese Aufgabe, nachdem er sich durch das Studium italienischer Universitäten in Rom, Genua, Padua und Bologna umfassendes Fachwissen angeeignet hatte. Stilistisch liess er sich von der Renaissance und dem Barock inspirieren. Für den weitläufigen Arkadenhof diente ihm der Palazzo Farnese in Rom als Vorbild.
Der 1877 begonnene Bau wurde am 11. Oktober 1884 im Beisein von Kaiser Franz Joseph I. feierlich eröffnet – allerdings mit Verzögerung. Die Universität hatte bereits ein Jahr zuvor ihren Betrieb aufgenommen. Heinrich Ferstel erlebte die Eröffnung nicht mehr, da er kurz vor Vollendung des Projekts verstorben war. Der Komplex erstreckt sich über eine Fläche von rund 21’400 Quadratmetern.