„Dreikönigskapelle“, Wiener Strasse 20

Der spätromanische Karner in Tulln an der Donau, unmittelbar neben der Stadtpfarrkirche gelegen, entstand Mitte des 13. Jahrhunderts. Vermutlich wurde das aussergewöhnliche Bauwerk mit seinem elfeckigen Grundriss und dem markanten Pyramidendach im Auftrag von Friedrich II., dem letzten Babenberger-Herzog, errichtet. An der Ausführung war offenbar eine normannische Bauhütte beteiligt, die zuvor an der Abteikirche St. Georg bei Steinamanger tätig war – ein fast identisches Portal an dieser Kirche deutet auf diesen Zusammenhang hin. Bis 1785 diente das Untergeschoss des Karners, auch Dreikönigskapelle genannt, als Beinhaus für die exhumierten Überreste des Friedhofs der Pfarrkirche.

Das Obergeschoss beherbergt die eigentliche Kapelle, die über eine Freitreppe und ein hervorragend erhaltenes Trichterportal erreichbar ist. Dieses Portal zeichnet sich durch seinen reichen plastischen Schmuck, einen Rundbogenfries und eine bemerkenswerte Blendarchitektur aus. Sogar die original romanische Holztür mit Eisenbeschlägen ist bis heute erhalten geblieben. Der Kapellenraum selbst ist rund gestaltet, die Apsis zeigt nach Osten. Kulturhistorisch besonders kostbar sind die gut erhaltenen Fresken, die Szenen aus dem Alten und Neuen Testament zeigen. Zu den Motiven zählen die Anbetung Christi, die Heiligen Drei Könige, die fünf klugen und fünf törichten Jungfrauen, das Jüngste Gericht sowie verschiedene Allegorien.
Der Tullner Karner ist ein herausragendes Beispiel spätromanischer Baukunst in Österreich und gilt als kunsthistorisches Juwel. In seiner Qualität findet er nur in Hartberg in der Steiermark ein vergleichbares Pendant.



