Theresianum

4. Bezirk, Favoritenstrasse 15

planet-vienna, das theresianum in wien

1614 erwarb Anna, die Gemahlin von Kaiser Matthias, den alten Angerfeldhof auf der Wieden. Sie liess die Liegenschaft zur kaiserlichen Sommerresidenz – der sogenannten „Neuen Favorita“ – umbauen und erweitern. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich das Schloss zu einem bedeutenden Zentrum gesellschaftlichen Lebens und war Schauplatz von Opernaufführungen, Konzerten und Festivitäten.

Als die Türken 1683 vor Wien standen, wurde die Favorita niedergebrannt, um den Feinden jeglichen strategischen Vorteil durch ein hohes Gebäude ausserhalb der Stadtmauern zu verwehren. Ab 1690 erfolgte der Wiederaufbau der Anlage, die nun den ursprünglichen Bau in Grösse und Opulenz weit übertraf. Die prächtig ausgestatteten Räume zeugten von verschwenderischem Barock. Das Schloss mit weitläufigem Garten war Schauplatz diverser politischer Ereignisse während der Herrschaft Kaiser Leopolds I., Josephs I. und Karls VI.

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Nach dem Tod Kaiser Karls VI. am 20. Oktober 1740 ging die Favorita in den Besitz seiner Tochter Maria Theresia über. Aus gründen der Trauer betrat sie das Schloss jedoch nie und verkaufte es für 30’000 Gulden an den Jesuitenorden, der darin das Seminarium Nobilium einrichtete, eine Ausbildungsstätte für den adeligen Nachwuchs Wiens. Die Institution stand unter Maria Theresias Schutz und erhielt die Bezeichnung „Collegium Theresianum“, im Volksmund schlicht „Theresianum“ genannt. Maria Theresia erhob das Kollegium zur kaiserlichen Akademie und unterstützte es als Stifterin finanziell. Einen tiefgreifenden Einschnitt erlebte die Akademie mit der Auflösung des Jesuitenordens im Jahr 1773.

Zehn Jahre später liess Kaiser Joseph II. das Collegium Theresianum auflösen und hier die Ingenieurakademie installieren. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Theresianische Akademie unter Kaiser Franz II. erneut ins Leben gerufen, diesmal vom Piaristenorden betreut. Im Zuge dessen erhielt der Gebäudekomplex eine umfangreiche Erweiterung und ein klassizistisches Äusseres.

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Das Theresianum um 1725

Nach der Revolution von 1848 wurden die strengen Regeln der Akademie gelockert, sodass nun auch Kinder aus bürgerlichen Familien eintreten konnten. Die Schülerinnen und Schüler waren auch nicht mehr verpflichtet, im Internat wohnen. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1938 wurde das Theresianum von den Nationalsozialisten aufgelöst und in eine „Nationalpolitische Erziehungsanstalt“ (NPEA) umgewandelt. Nach Kriegsende war das schwer beschädigte Gebäude von den Russen besetzt. In den folgenden Jahren wurde der Komplex schrittweise wiederhergestellt und restauriert. 1957 kehrte die Theresianische Akademie schliesslich in die Favorita zurück. Sie wird unter dem Namen Campus Theresianum geführt und hält ein umfassendes Bildungsangebot bereit mit Kindergarten, Volksschule, einem öffentlichen Gymnasium mit Tagesbetreuung und Internat.