12. Bezirk, Tivoligasse 73
Carl Alexander Anselm Freiherr von Hügel, Botaniker und Gründer der Wiener Gartenbaugesellschaft, besass unmittelbar westlich vom Schönbrunner Schlosspark ein weitläufiges Grundstück, welches er in den 1880er-Jahren an den Wiener Grossindustriellen und Grossgrundbesitzer Gustav Freiherr von Springer verkaufte. Springer war mit der Presshefe- und Malzmehlproduktion, kombiniert mit viel wirtschaftlichem Geschick, zu einem grossen Vermögen gekommen. Er genoss in Wien ein hohes gesellschaftliches Ansehen.
1887 beauftragte Freiherr von Springer die Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer mit dem Bau eines Villengebäudes auf dem neu erworbenen Grundstück an der heutigen Tivoligasse. Hier empfing der jüdischstämmige Springer häufig illustre Gäste aus Politik, Kunst und Gesellschaft. Nach Springers Tod 1920 erbte seine Tochter die Liegenschaft mitsamt Villa, doch nutzte sie das Gebäude nur sehr selten. Nach dem Anschluss Österreichs beschlagnahmten die Nationalsozialisten das Springer Schlössl, „arisierten“ es und installierten darin eine Ausbildungseinrichtung für Gauführer. So war das Gebäude Ziel der Alliierten: 1945 hagelten über 20 Bomben vom Himmel in den Springer-Park. Wie durch ein Wunder traf keine von ihnen das Gebäude. Lediglich Fenster und Türen wurden beschädigt. Der Park allerdings war zur Mondlandschaft zerbombt.
Ein Bildungszentrum der ÖVP
Nach Kriegende erhielt die Springer-Tochter die Liegenschaft zurück. 1953 verkaufte sie diese an den Verein Wiener Volksheime. Fortan diente die Villa der Wiener Volkspartei als Seminarhaus und Veranstaltungsort. 1975 wurde das Springer Schlössl in ein Seminarhotel für die Politische Akadmie der ÖVP umfunktioniert. Diesen Zweck erfüllt es bis heute.
Das Springer Schlössl ist eine grosse Villa im Wiener Historismus mit Anlehnung an altdeutsche Formen. Auffallend sind dabei die Erkertürme sowie die Fachwerkgiebel, Mansardenfenster und Balkone. Der Schaufront gegen Norden ist eine auslandende Freitreppe vorgelagert, die auf eine Plattform mit reich gestaltetem Steingeländer führt. Auf das Vetibül mit neobarocker Stuckierung folgt ein grosszügiges Atrium, welches zwei Stockwerke hoch ist und über ein verglastes Oberlicht natürlich beleuchtet wird. Hier führt eine geschwungene Holztreppe mit neobaroker Zier hoch zu einer umlaufenden Galerie. Die kostbare Nussvertäfelung hat sich erhalten, so auch die Austattung der einstigen Büroräumlichkeiten mit Muldengewölben und Stuckfeldern.
Zur historischen Anlage gehört ein Wirtschaftsgebäude, welches unmittelbar westlich der Villa steht. Es handelt sich um einen länglichen Fachwerkbau mit zwei Geschossen.