Die Ringstrasse

1. Bezirk

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Die Wiener Ringstrasse bezeichnet jenen Prachtboulevard, welcher die Innere Stadt vollständig umschliesst und somit ein Hauptelement des Wiener Stadtbildes ist. Streng genommen ist die Ringstrasse u-förmig und begrenzt die Innere Stadt auf drei Seiten. Die vierte Seite im Nordosten grenzt an den Donaukanal mit demf Franz-Josefs-Kai. Die Entstehung der Ringstrasse, welche im Volksmund einfach nur „Ring“ genannt wird, geht aus einen Entschluss Kaiser Franz Josephs I. zurück, welcher am 20. Dezember 1857 anordnete, die alten Befestigungsanlagen aus dem 13. Jahrhundert, die Basteien und Glacis umfassten, zu schleifen und einzuebnen.

Durch das enorme Wachstum der Vorstädte war eine grosse Agglomeration entstanden, welche fortan eingemeindet wurde. Daher hatte die Stadtmauer keine Schutzfunktion mehr, sondern bedeutete eher ein Hindernis für den wachsenden Verkehr. Es sollte anstelle der Schutzmauer eine prächtige Strasse entstehen mit ausserordentlich repräsentativem Charakter. Am 1. Mai 1865 wurde die 6,5 Kilometer lange und 57 Meter breite Ringstrasse feierlich eröffnet. An ihr entstand eine Reihe monumentaler Bauwerke, wie sie noch heute auf der Welt einzigartig ist.

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Palais Epstein, Parlament, Rathaus, Vorivkirche, Universität, Burgtheater (v.l.n.r.). Hier der Übergang vom Burgring in den Dr.-Karl-Renner-Ring

Neben staatlichen Repräsen- tationsbauten, grosszügigen Plätzen und Parkanlagen liessen sich zahlreiche vermögende Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Adel einen Platz an der Ringstrasse sichern und ein Palais erbauen. Man beauftragte für die Planung und die Errichtung der Ringstrassenbauten nur die berühmtesten und besten Architekten der damaligen Zeit, worunter man Namen findet wie August Sicard von Sicardsburg, Eduard van der Nüll, Theophil Hansen, Carl Hasenauer, Gottfried Semper, Heinrich Ferstel, Johann Romano, August Schwendenwein oder Ludwig Förster. Sie schufen den Grossteil der Ringstrassenbebauung in der Zeit zwischen 1869 und 1888, wobei der dominierende Baustil der Historismus ist, also eine zeitgenössische Anlehnung an Renaissance, Gotik und Barock. Der grösste Teil der (äusseren) Bausubstanz hat sich bie heute erhalten. Vereinzelt hat man alte Gebäude niedergerissen, weil sie baufällig oder von Bomben zerstört waren und an ihrer Stelle moderne Gebäude errichtet.

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Einige davon – v.a. gegenüber der Staatsoper (Sicardsburg & van der Nüll) – sind Nachkriegsbauten und bilden eine minder schöne Ausnahme in der prachtvollen Ansammlung von Repräsentationsbauten. Heute ist die Ringstrasse eine vierspurige Strasse, auf der die Autos nicht selten in übersetztem Tempo dahinpreschen, was auch der Grund für den teils sehr schlechten Zustand des Strassenbelages ist. Links und recht verlaufen Strassenbahnschienen, und vielerorts gibt es zwischen Gehsteig und den Häuserreihen eine schmale Strasse, welche die Zufahrt zu den Gebäuden ermöglicht. Der grösste Teil der Ringstrasse wird beidseits von schönen grossen Bäumen gesäumt, hinter denen die reichen Fassaden nicht immer gut sichtbar sind.

Die Ringstrasse kann nur in eine Richtung befahren werden. Für die Gegenrichtung hat man eine mehr oder weniger parallel verlaufende Strasse erbaut, welche bei der Rossauer Lände beginnt und via Hörlgasse, Landesgerichtsstrasse, Auerspergstrasse, Museumsstrasse, Getreidemarkt, Lothringerstrasse, Heumarkt und Vordere Zollamtstrasse zur Urania Sternwarte führt (Teile davon sind im Volksmund auch unter der Bezeichnung „Zweierlinie“ bekannt). Alles, was zwischen diesem „äusseren Ring“ und der Ringstrasse liegt, gehört noch zum 1. Bezirk, also zur Inneren Stadt.

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Stubenring (1)

Als erstes sticht einem links das riesenhafte Regierungsgebäude (ehem. Kriegsministerium) von Ludwig Baumann ins Auge mit dem mächtigen Doppeladler und dem ehrwürdigen Radetzky-Denkmal vor dem Hauptportal. Gleich gegenüber liegt – hinter den Georg-Coch-Platz zurückversetzt – das architektonisch bedeutende Postsparkassenamt von Otto Wagner. Dem Regierungsgebäude schliesst sich die Kokoschka-Universität und das Museum für angewandte Kunst (MAK) an, welches aus roten Backsteinen gebaut ist. Gegenüber liegt das herrschaftliche Ringstrassenhaus mit dem Café Prückel am Dr.-Karl-Lueger-Platz. Hier befand sich einst die Stubenbastei und das Stubentor, wie heute die U-Bahnstation noch heisst. Mauerreste und Ausstellungsgegenstände können rund um den Eingang zur U-Bahn besichtigt werden.

Parkring (2)

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Am Parkring

An den Stubenring schliesst sich der Parkring an, der nach dem Stadtpark benannt ist, welcher rechts davon liegt. Am Parkring befinden sich demnach nur rechterhand Gebäude, unter denen sich mehrere Palais (Helfert, Leitenberger, Dumba, Erzherzog Wilhelm, Henckel-Donnersmarck etc…) befinden. In diese Reihe eingefügt ist das Marriott Hotel, ein Neubau, welcher sich vorzüglich in die Häuserzeile einfügt, denn seine eleganten klassischen Formen stören das Erscheinungsbild im Gegensatz zu anderen modernen Gebäuden nicht. Rechterhand zurückversetzt fällt der Blick auf das anmutige Palais Coburg mit dem vertraglich unverbaubaren Platz gegen den Parkring hin. Von 1910-1919 hiess der Parkring „Kaiser-Wilhelm-Ring“.

Schubertring (3)

Der folgende kurze Abschnitt ist nach dem grossen Wiener Komponisten Franz Schubert benannt. Hier stehen wieder beidseits Repräsentationsbauten, von denen einer das Hotel am Schubertring beherbergt. Der Schubertring endet mit dem Palais Erzherzog Ludwig Viktor am Schwarzenbergplatz, welcher sich linkerhand eröffnet und einen grossartigen Blick auf ein Sammelsurium von Prunkbauten freigibt. Hier ändert die Ringstrasse zum ersten Mal deutlich ihre Richtung. Bis 1928 hiess dieser Abschnitt „Kolowrat-Ring“, benannt nach Graf Kolowrat-Liebsteinsky, der an dieser Ecke sein Palais stehen hatte.

Kärntner Ring (4)

Leicht ansteigend setzt sich hier die Ringstrasse fort. Am Anfang steht links das unübersehbare Luxushotel Imperial im Palais Württemberg. Gegenüber reihen sich abermals Gebäude aus der Gründerzeit, von denen eines das renommierte Grand Hotel beherbergt. Der Kärntner-Ring endet nach den postmodernen Ringstrassengalerien und dem Palais Gomperz mit dem traditionsreichen Hotel Bristol, wo die Kärntnerstrasse die Ringstrasse kreuzt. Von 1917-1919 hiess der Kärntner-Ring „Kaiserin-Zita-Ring“.

Opernring (5)

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Am Opernring

Weiterhin leicht ansteigend setzt sich bei der Staatsoper der Opernring fort. Gegenüber stand bis 1945 der Heinrichshof (Hansen), Besitz des Bierbrauers Heinrich Drasche, welcher von Bombenniedergängen beschädigt und danach abgetragen wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat man hier einen tristen Kastenbau hingebaut. Etwas weiter folgt nach dem Hotel Meridien linkerhand der Robert-Stolz-Platz, benannt nach dem letzten grossen Wiener Komponisten. Gegenüber liegt das beeindruckende Palais Schey (Romano & Schwendenwein) mit seinem riesigen Prachtportal an der Goethegasse. Gleich anschliessend folgt der Burggarten, auf dessen Höhe die Strasse eine zweite, weniger ausgeprägte Richtungsänderung macht. Auf der anderen Seite säumen prächtige Bauten diesen Abschnitt. Von 1917-1919 hiess der Opernring „Kaiser-Karl-Ring“.

Burgring (6)

Der Burgring beginnt bei der Einmündung der Babenbergerstrasse in die Ringstrasse genau auf der Höhe des Kunsthistorischen Museums (Semper & Hasenauer) und der Neuen Burg. An ihm liegen bloss fünf Gebäude, namentlich die beiden eben erwähnten, das Burgtor, das Naturhistorische Museum und das Palais Epstein (Hansen). Der Burgring trennt den Heldenplatz mit dem Burgtor vom Maria-Theresien-Platz zu dessen Seiten die beiden monumentalen Museen stehen. Beim Palais Epstein endet der Burgring mit einer ausgeprägten Rechtskurve. Bis 1940 und ab Kriegsende bis 1949 hiess der Burgring „Dr.-Ignaz-Seipel-Ring“ und von 1940 bis Kriegsende „Josef-Bürckel-Ring“.

Dr.-Karl-Renner-Ring (7)

Dies ist der kürzeste Abschnitt der Ringstrasse. Am Dr.-Karl-Renner-Ring, bis 1919 „Franzensring“, 1949-1956 „Parlamentsring“, 1919-1934 „Ring des 12. November“ und zeitweilig auch „Mölkerring“, befindet sich linkerhand der kunstvolle Schmiedeeisenzaun, welcher den Volksgarten von der Ringstrasse trennt. Gegenüber thront das majestätische Parlamentsgebäude (Hansen) mit der Pallas Athene.

Universitätsring (8)

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Am Universitätsring

Mit dem südlichen Rand des Rathausparks beginnt der Universitätsring, ebenfalls bis 1919 „Franzensring“, 1919-1934 „Ring des 12. November“ und zeitweilig auch „Mölkerring“. Bis zum 5. Juni 2012 hiess er Dr.-Karl-Lueger-Ring. Nach jahrelangen Diskussionen hat der Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft entschieden, den Abschnitt in Universitätsring umzubenennen. Man hielt es nicht mehr für tragbar, dass ein Teil der Ringstrasse einem stark antisemitischen Politiker gewidmet ist. Der Strassenabschnitt wird links vom Rathauspark und dem Rathausplatz mit dem zurückversetzen Rathaus gesäumt, gefolgt vom beeindruckenden Hauptgebäude der neuen Wiener Universität (Ferstel). Das erste und auffallendste Gebäude rechterhand ist das Burgtheater (Semper). Dem schliesst sich eine Häuserzeile an, in dessen erstem Gebäude, dem Palais Lieben-Auspitz, das traditionsreiche Ringstrassencafé Landtmann untergebracht ist. Am Ende der Zeile erspäht man jenseits des Liebenberg-Denkmals die Mölkerbastei mit dem Pasqualati-Haus und dem Dreimäderlhaus.

Schottenring (9)

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Am Schottenring

Der neunte, letzte und längste Abschnitt der eigentlichen Ringstrasse ist der Schottenring, welcher bei der Rechtskurve vor der Universität beginnt. Links wird ein faszinierender Blick über den Sigmund-Freud-Park frei auf die majestätische Doppelturmfassade der neugotischen Votivkirche (Ferstel) am Roosevelt-Platz. Rechts am Eingang zum Schottentor und zur Freyung steht das Palais Ephrussi (Hansen). Nun verläuft die Ringstrasse leicht bergab. Rechts folgt schon bald der beeindruckende rote Bau der Wiener Börse (Hansen), welche in den 50er Jahren des 20. Jahrhundert Wegen eines glühenden Zigarettenstummels, der von der Strasse durch ein Bodengitter und ein Kellerfenster in die Kellerräume gefallen ist, ausbrannte. Die Börse konnte originalgetreu wieder aufgebaut werden. Gegenüber säumen wiederum schöne Häuserzeilen den Boulevard, unter anderem das Haus mit dem traditionsreichen, heute nicht mehr existierenden Café Schottenring sowie das Palais Sturany und weitere Mietspalais. Hier stand auch einst das Ringtheater (Förster), welches im Jahre 1881 vollständig abgebrannt ist und eine grosse Zahl an Todesopfern forderte. Am Deutschmeisterplatz vorbei mit der Rossauerkaserne dahinter führt der Schottenring zum Donaukanal hinunter.

Franz-Josefs-Kai (10)

Beim Ringturm, ein Hochhaus aus dem 50er Jahren und seinerzeit das höchste Gebäude Wiens, mündet der Schottenring in den Franz-Josefs-Kai, welcher am Donaukanal entlang führt, nicht sehr ansehnlich ist und stets sehr stark befahren wird. Am Morzinplatz stand einst das berüchtigte Hotel Metropol, welches im zweiten Weltkrieg eine tragische Rolle spielte, denn hier hat die Gestapo-Leitstelle ihr Quartier eingerichtet, welche in dem Haus zahllose Menschen verhörte, folterte, einsperrte und hinrichtete. Gegen Ende des Krieges wurde das Gebäude von Bombentreffern zerstört. Heute erinnert ein Mahnmal an den mit Tragik beladenen Ort. Es folgt der Schwedenplatz, ein verkehrstechnisch wichtiger Knotenpunkt, wo sich die U4 und die U1 kreuzen. Danach gelangt man wieder zur Urania Sternwarte, wo der Rundgang der Ringstrasse entlang begonnen hat.