Schloss Neugebäude

11. Bezirk, Neugebäudestrasse

planet-vienna, das schloss neubegäude in wien

Das Renaissanceschloss Neugebäude ist heute weitgehend vergessen, verwahrlost und selbst den meisten Wienern kaum bekannt. Nur wenige wissen, dass es einst als das werden sollte, was Schloss Schönbrunn heute ist. Die Geschichte begann mit Kaiser Maximilian II., der sich den Wunsch erfüllte, ein Refugium außerhalb der Stadt zu schaffen – ein Schloss, das seinen Bedürfnissen und Vorlieben entsprechen sollte. Er suchte lange nach den besten Architekten und beschäftigte sich selbst intensiv mit Gartenkunst. Für den Bau wählte er ein Grundstück nahe seinem Jagdschloss in Kaiser-Ebersdorf, auf der heutigen Simmeringer Heide.

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Im Jahre 1569 begann der Bau des neuen Schlosses mit der Terrassierung des Geländes. Zahlreiche Künstler und Handwerker, vermutlich aus Italien, wurden für die Ausführung der Bauarbeiten herangezogen. 1574 waren die Arbeiten an der weitläufigen Gartenanlage abgeschlossen. Diese umfasste ein Labyrinth, Teiche und Brunnen als „Spiegel der Selbstbetrachtung zur Findung Gottes in der eigenen Seele“ sowie eine Fülle exotischer Tiere und Pflanzen.

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Der Fasanengarten des „Newen Gebew“ erlangte über die Landesgrenzen hinaus Berühmtheit. Der zentrale Garten war in vier Parzellen gegliedert, von Galerien umgeben und von vier Türmen an den Ecken flankiert. Zur Anlage gehörte ein Wasserturm, der über ein komplexes Pumpsystem das Wasser in die Gartenanlage leitete: Ein Kettenzug mit 244 Kupfereimern beförderte Wasser in ein Becken in der Spitze des Turmes, von wo dieses in den Garten verteilt wurde.

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Zum Schloss gehörten Fischteiche, Grotten, Arkaden, eine Stallung für 50 Pferde und einen Ballspielplatz. Eine Allee verband das Neugebäude mit dem Lustschloss in Kaiser-Ebersdorf. Die gesamte Anlage sollte eine harmonische Verbindung von monumentaler Architektur und Landschaft darstellen – ein Gesamtkunstwerk, das damals in Europa seinesgleichen suchte.

Dem Verfall preisgegeben

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Doch Kaiser Maximilians plötzlicher Tod am 12. Oktober 1576 setzte dem ehrgeizigen Bauvorhaben ein jähes Ende. Sein Nachfolger Rudolf II. hatte für die Vision seines Vaters nicht viel übrig. Zwar liess er die Bauarbeiten fortsetzen, sparte aber an der Ausstattung. Später verlegte Rudolf seinen Hof nach Prag, worauf das nutzlos gewordene Schloss vor den toren Wiens dem Verfall preisgegeben wurde. Auch die nachfolgenden Regenten Matthias, Ferdinand II. und Ferdinand III. zeigten wenig Interesse an der Erhaltung des Neugebäudes, da sie ihre Ressourcen in Kriege und Reformprojekte investierten.

Mit dem Aufkommen des Barocks zur Zeit Leopolds I. wandte sich das Interesse der Habsburger zunehmend Schloss Schönbrunn zu. Maria Theresia liess im Neugebäude ein Pulvermagazin einrichten und die Gärten abtragen. Teile der Ausstattung, darunter einige Säulen, wurden nach Schönbrunn gebracht und unter anderem in der Gloriette verbaut. Die vier Türme des inneren Gartens wurden demoliert, und das Schloss wurde seiner letzten Schätze beraubt.

Versuche der Revitalisierung

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Das Neugebäude geriet im Laufe der Jahrhunderte in Vergessenheit. Ein Plan, das Schloss während des Ersten Weltkriegs als Ort für ein gemeinsames Heldengrab zu nutzen, wurde verworfen. Stattdessen errichtete man 1922, nachdem die Anlage von Stadt Wien übernommen worden war, im ehemaligen Lustgarten das städtische Krematorium, welches heute von Gräberhainen umgeben ist. Die alten Mauern des Neugebäudes mit ihren düsteren Türmen und verschlossenen Portalen wirken heute wie die Überreste einer mittelalterlichen Festungsruine. Das Schloss bleibt ein verstummter Zeuge vergangener Zeiten.

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Soldat in Begleitung von Damen im Garten des Schlosses Neugebäude, 1906

Ein Hoffnungsschimmer kam 2001 auf, als der Verein zur Erhaltung und Revitalisierung des Schlosses Neugebäude gegründet wurde. Dadurch war die Erhaltung des Bauwerks bis auf Weiteres gesichert. 2007 wurden einige Räume restauriert und zur Nutzung freigegeben. 2010 wurde der Garten unterhalb des Hauptgebäudes neu gestaltet. Heute finden Führungen sowie Freiluftkino-Anlässe und diverse weitere Veranstaltungen in den alten Gemäuern statt. Doch nach wie vor zählt es zu den unbekannten, fast vergessenen Sehenswürdigkeiten Wiens.


planet-vienna, das schloss neubegäude in wien um 1715
Ansicht des Neugebäudes um 1715
Schloss Neugebäude um 1649
Schloss Neugebäude um 1649