Palais Friedmann

3. Bezirk, Jacquingasse 43

planet-vienna, das palais friedmann an der jacquingasse in wien

Das schlanke Palais an der Jacquingasse 43 ist 1894/95 nach Plänen von Karl König erbaut worden. Es hat lediglich vier Fensterachsen. Über dem rechtsseitigen Portal liegt ein halbrunder Erker, über diesem ein Balkon mit Schmiedeeisengeländer. Die Sockelgeschosse sind rustiziert, die beiden Obergeschosse indes weisen zarte und verspielte Rokoko-Ornamenik auf. Eine Balustrade krönt das Dachgebälk.

Das kleine Palais war Wohnsitz von Louis Philipp Friedmann (1861-1839). Der einer jüdischen Familie entstammende Friedmann war eng vertrauter Freund von Arthur Schnitzler und ein stadtbekannter Lebemann mit zahlreichen Interessen, er hegte unter anderem eine grosse Liebe zu den Bergen und war für seine beachtlichen Leistungen als Alpinist angesehen. 1882 erbte Louis Philipp Friedmann das florierende väterliche Unternehmen, welches Injektoren und andere Bestandteile für Dampflokomotiven fabrizierte. Später präsidierte Friedmann zudem ein Autmobilhersteller-Unternehmen. 1886 ehelichte er Rose von Rosthorn, welche von Gustav Klimt mit einem Ölgemäle porträtiert wurde.

Ebenfalls von Klimt auf Leinwand gebannt worden war die nächste Besitzerin des Palais Friedmann, Elisabeth Bachofen-Echt (1894-1944). Ihre jüdischstämmige Mutter Serena geb. Pulitzer (1867–1943), ebenfalls von Klimt porträtiert, war mit dem Grossindustriellen August Lederer verheiratet. Die beiden bewohnten unter anderem das Palais Huldenberg („Ledererschössel“) in Weidlingau. Das mäzenatisch aktive und sehr kunstaffine Ehepaar Lederer war mit Gustav Klimt befreundet und häufte die seinerzeit bedeutendste Sammlung an Klimt-Werken an, insbesondere während des Ersten Weltkrieges.

Nazis beschlagnahmen die Kunstsammlung

1936 starb August Lederer, und Serena Lederer floh 1938 nach dem „Anschluss“ Österreichs nach Ungarn. Ein Teil der Lederer-Kunstsammlung befand sich im Wohnaus ihrer Tochter Elisabeth, im Palais Friedmann an der Jacquinghasse 43. Serena Lederer wollte ihre Tochter vor der Judenverfolgung bewahren, indem sie eidesstattlich glaubhaft zu machen versuchte, Elisabeths leiblicher Vater sei Gustav Klimt. Somit sei ihre Tochter „arisch“. Die Nazis beschlagnahmten nun die in Wien verbliebene Lederer’sche Kunstsammlung, eine formelle Enteignung fand jedoch nicht statt. Auch für diese Kunstwerke im Palais Friedmann wurde eine Sicherstellungsverfügung ausgesprochen, zumal sie rechtlich noch immer Eigentum von Serena Lederer waren und nicht der Tochter Elisabeth gehörten. Es hatte jedoch den Zweck, dass die bedeutenden Kunstgegenstände im „Reich“ verblieben.

Elisabeth hatte 1921 Wolfgang Bachofen-Echt, Besitzer der Nussdorfer Bierbrauerei, geheiratet, nachdem sie vom Judentum zum evangelischen Glauben konvertiert hatte. Ihr Mann bekannte sich jedoch ab 1933 zum Nationalsozialismus und liess sich schliesslich nach dem „Anschluss“ Österreichs von seiner „nicht richtig arischen“ Frau scheiden. Das Palais Friedmann wurde im Zuge dessen Wolfgang Bachofen-Echt überschrieben. Elisabeth wohnte jedoch weiterhin im Palais. Es wurde allerdings Anzeige gegen sie erstattet, weil sie angeblich ihre Vermögenswerte nicht wahrheitsgetreu deklariert habe. Um sich zu retten, berief sich Elisabeth Bachofen-Echt auf ihre von der Mutter konstatierte leibliche Abstammung vom „arischen“ Gustav Klimt. Sie musste sich einem demütigenden Prozess unterziehen, mittels dem eruiert werden sollte, welchen jüdischen „Grades“ sie ist. Schliesslich wurde sie als „Halbjüdin“ eingestuft und entging dank des angesehenen nichtjüdischen Familiennamens ihres Ex-Mannes der Deportation. 1940 wurde Elisabeth gezwungen, ihren Schmuck beim Dorotheum versteigern zu lassen.

Elisabeth Bachofen-Echt starb am 19. Oktober 1944 an einem Hirntumor im Palais Friedmann, wo sie im pompösen Rahmen aufgebahrt wurde. Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf dem Hietzinger Friedhof in der Familiengruft.