auch: Palais Erzherzog Rainer
4. Bezirk, ehem. Wiedner Hauptstrasse 63

Der Hoflieferant und Grosshändler Leopold von Engelskirchen liess sich im frühen 18. Jhr. in unmittelbarer Nachbarschaft der damaligen kaiserlichen Favorita, dem heutigen Theresianum, ein Sommerpalais erbauen, welches er prächtig ausstatten liess. Umgeben war das Haus von einer gestuften Gartenanlage, welche nach französischem Vorbild angelegt worden war. Es ist nicht bekannt, was mit dem Besitzer geschah, doch ist es möglich, dass er in finanzielle Not geriet und gezwungen war, das Palais im Jahre 1724 zu verkaufen oder dass das Haus gepfändet wurde. Jedenfalls war ab dem genannten Jahre Pius Nikolaus Garelli, Leibarzt Kaiser Karls VI., Eigentümer des Anwesens bis zu seinem Tode im Jahre 1739. Garellis Tochter erbte den Besitz und verkaufte ihn an die kaiserliche Familie, worauf Franz I. Stephan vor allem den Garten verschönern liess.
Als um 1767 die Pocken in Wien wüteten, erkrankte auch Kaiserin Maria Theresia an der tödlichen Seuche. Diese schwere Zeit verbrachte sie im Palais Engelskirchner, wo sich auch ihr Sohn Joseph II. einquartiert hatte, um seiner Mutter beizustehen. Maria Theresia überstand die gefährliche Krankheit und genas vollständig. Um 1770 verkaufte sie das Palais an Joseph Graf von Windischgrätz, worauf das Anwesen mehrmals den Besitzer wechselte. Der schillerndste unter ihnen war der aus Basel stammende schwerreiche Bankier Johann Heinrich Freiherr von Geymüller, der hier ein glanzvolles und überaus verschwenderisches Leben führte. Um 1832 liess er im Palais eine Gasbeleuchtung installieren, die erste Wiens.

Um 1842 war das Bankhaus Geymüller pleite, und das Palais stand abermals zum Verkauf und wechselte wiederum mehrmals den Besitzer. Um 1854 wurde Erzherzog Rainer der Eigentümer, welcher dem Haus fortan die zweite geläufige Bezeichnung verlieh: Palais Erzherzog Rainer. Er liess das Palais aus- und umbauen, wobei der ursprüngliche Bau unangetastet blieb. Der Erzherzog verbrachte fast geschlagene 60 Jahre in dem Palais bis zu seinem Tod um 1913. In der Zwischenkriegszeit stand das Palais meist leer und begann allmählich zu verfallen. Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Haus Schäden, welche sich jedoch in Grenzen hielten. Nach dem Kriegsende richteten hier die sowietischen Besatzungstruppen ein Casino ein, und es kam zu zahlreichen Exzessen. Nach ihrem Abzug war die Zukunft des alten Palais Engelskirchner ungewiss.
Da man in Wien in der Nachkriegszeit grössere Sorgen hatte als den Erhalt alter Prachtbauten, verkaufte man noch brauchbares Interieur und trug danach die Mauern ab und ebnete das Grundstück ein. Heute stehen auf dem Grundstück gesichtslose Bürohäuser, und nichts erinnert mehr an die Pracht des Gartenpalastes. Einziges Relikt sind die wertvollen Dachfiguren von Matielli, welche heute vor der Hofburg in Innsbruck stehen.