7. Bezirk, Neustiftgasse 4
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam der armenisch-katholische Mechitaristenorden von Venedig nach Wien und liessen sich in einem bestehenden Klosterkomplex am unteren Ende der heutigen Neustiftgasse nieder. Dort gründeten sie eine Druckerei, in der sie Schriftwerke in 41 Sprachen erzeigten. Zudem stellen sie bis heute ihren klostereigenen Likör, die „Mechitharine“, her. Diese im ausgehenden 17. Jahrhundert erfundene Spirituose setzt sich aus 43 Kräutern und 12 Früchten zusammen. Das ausschliesslich handschriftlich überlieferte Rezept ist traditionsbedingt jeweils nur zwei Mönchen des Ordens bekannt.
Die Kirche des Mechitaristenklosters ist ein Nachfolgebau der ehemaligen Kapuziner-Klosterkirche, die um 1603 unter dem Patrozinium des hl. Franziskus zusammen mit einem Klosterbau errichtet worden war. Während der Türkenbelagerung 1683 zerstört, erfolgte 1684 der Wiederaufbau durch Johann Karl Graf Serényi. Mit der Ankunft der Mechitaristen im Jahre 1810 wurde die Kirche umgestaltet. 1835 fiel sie einem Brand zum Opfer. Der geplante Neubau nach Plänen von Joseph Kornhäusel im Stil des Trecento verzögerte sich und konnte erst 1871 in Angriff genommen werden.
Die Ausführung der Bauarbeiten übernahm zunächst Architekt Franz Sitte. Ab 1873 scheint jedoch sein Sohn Camillo die Verantwortung übernommen zu haben, wie entsprechende Zahlungsbelege nahelegen. Unter dem Sitte-Sohn wurde die Kirche nicht im geplanten Stil des romanischen Historismus ausgeführt, sondern erhielt ein Gepräge im Stil der italienischen Frührenaissance. 1874 war die Kirche fertiggestellt und unter dem Patronat Maria Schutz geweiht.
Arbeiten namhafter Künstler
Besonders augenfällig ist ihre schmale, rustizierte Doppelturmfassade, die zur Neustiftgasse hin ausgerichtet ist. Der Mittelteil der Kirche mit markantem Rundportal tritt deutlich zwischen den beiden schlanken Türmen hervor. Das Portal wird von einem Aufsatz mit gesprengtem Giebel überragt, in dessen Mitte ein goldenes Kreuz steht. Dieses ist, neben der hölzernen Eingangstür, das einzige Element, das sich farblich von der ansonsten hellen, steinfarbenen Fassade abhebt. Die Gliederung der Fassade ist geprägt von Gesimse und dezenten Pilastern mit unaufdringlichen Kapitellen. Der Giebelaufsatz mit seinen glatten Flächen setzt einen sanften Kontrast zur sonst gleichförmigen Gestaltung der Fassade.
Das Innere der Kirche beeindruckt mit einer überraschend reichen Ausstattung, ein Ergebnis der Bestrebungen des Architekten Sitte, bedeutende Künstler in die Gestaltung mit einzubeziehen. So stammt der Altaraufsatz von Heinrich Ferstel, während der neoklassizistische Seitenaltar von Theophil Hansen entworfen worden ist. Die von Sitte entworfenen Wandmalereien sowie das Altarbild „Maria Schutz“ von Josef Kleinert wurden erst 1901, anlässlich des 200. Jubiläums der Ordensgründung, hinzugefügt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche renoviert. Im Zuge dessen gingen die Decken- und Wandmalereien – mit Ausnahme eines Freskos – verloren. Das Christusmosaik über dem Eingang zur Sakristei stammt aus dem Jahr 1960.