14. Bezirk, Höhe Linzer Strasse 457
Am ehemaligen Linienwall, welcher weitgehend dem heutigen Gürtel entspricht und die Stadt Wien von den Vororten abgrenzte, existierten einst neben den Linienämtern punktuell so genannte Linienkapellen, die zur Andacht luden. Eine solche stand auch an der einstigen Mariahilfer Linie am heutigen Christian-Broda-Platz, wo die innere Mariahilfer Strasse auf den Gürtel trifft. Im Januar 1892 erfolgte eine Ausweitung des Stadtgebiets, wodurch sowohl die Ämter als auch die barocken Linienkapellen funktionslos wurden. Man schliff die Ämter und die meisten der Kapellen, auch diejenige an der Mariahilfer Linie.
Die 1892 neu definierte westliche Stadtgrenze verlief nunmehr zwischen Hütteldorf und Auhof. An der Adresse Linzer Strasse 457 steht bis heute das damals neu erbaute Linienamt, wo die so genannte Verzehrungssteuer zu entrichten war. Für die abgebrochene Linienkapelle an der Mariahilfer Linie sollte gegenüber vom Amt an Hanglange ein Kapellenersatz entstehen. Dafür setzte sich ein eigens vom k.u.k Hof-Metallwarenfabrikant und „Sargmacher“ Alexander Markus Beschorner gegründeter „Liniencapellen-Bauverein“ ein. Dieser fand genug wohlwollende Sponsoren, so dass sich der Kapellenbau allein durch Spenden finanzierte.
Die Bauarbeiten wurden 1897 nach Plänen vom k.u.k Baurat Franz Ritter von Neumann durch Baumeister Josef Kopf und später durch dessen Nachfolger Franz Gayer ausgeführt. Vermutlich verwendete man dabei Teile der alten Mariahilfer Linienkapelle. Die neue trug das Patrozinium der Schmerzhaften Muttergottes und kam am oberen Ende einer prächtig mit Bepflanzung und einer Brunnenanlage gestalteten, zur Strasse hinabfallenden Gartenfläche zu stehen.
Unbeachtet und vergessen
Im Laufe der 1920er-Jahre vernachlässigten die Wiener die Pflege des Gartens und die Instandhaltung der Kapelle zusehends. Nachdem 1939 die Penzinger Pfarre St. Josef am Wolfersberg die Verantwortung für die Linienkapelle übernommen hatte, brachen wieder bessere Zeiten an für das Kirchlein. Die Umgebung wurde entwildert, die Kapelle restauriert und mit regelmässigen Gottesdiensten belebt. In den vergangenen Jahrzehnten jedoch wurde die Linienkapelle erneut vernachlässigt und geriet zunehmend in Vergessenheit. Sie steht unbeachtet mitten im dichten Gehölz und wird kaum mehr besucht. Einige wenige Freiwillige sehen gelegentlich nach dem Rechten und sorgen für einen rudimentären Grundunterhalt des Kirchleins.
Der schlichte Kapellenbau mit vorgelagerter zweiarmiger Treppe imitiert barocke Formen. Im geschweiften Giebelfeld über dem Bogen zur Vorhalle ist in einer Nische ein Maria-Hilf-Tafelbild angebracht. Es stammt vermutlich aus der zweiten Hälfte des 18. Jh. Über dem Giebel erhebt sich ein Dachreiter mit Zwiebelhelm. Der tonnengewölbte Innenraum mit Apsis und Lünettenfenstern ist schlicht gehalten. Links vom Altar steht eine grosse Johannes-Nepomuk-Figur aus dem 18. Jh., in einer Nische der Apsis Josef mit Jesuskind aus dem 19. Jh.