Die Schlacht am Morgarten

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Für den Konflikt zwischen den Habsburgern und dem Volke der Waldstätten in der Zentralschweiz gibt es mehrere Ursachen, welche aus historischer Sicht in Frage kommen. Einerseits könnten es die Interessen beider Parteien gewesen sein, welche nicht miteinander vereinbar waren, namentlich der Freiheitsdrang der Eidgenossen, welcher den Hausmachtsansprüchen der Habsburger gegenüber stand. Diese machten es sich zum Ziel, ihr Herrschaftsgebiet bis zum Gotthard auszuweiten.

Ein weiterer Grund, welcher in den Geschichtsbüchern oft genannt wird, war der Marchenstreit zwischen den Schwyzern und dem Kloster Einsiedeln. Die Alpweiden im Gebiet der Mythen, namentlich rund um die heutige Gemeinde Alpthal, gehörten dem Kloster Einsiedeln, welches sich jedoch nie um diese Alpen kümmerte und sie verwuchern liess. Die Schwyzer nahmen sich darauf die Freiheit, die Alpen unerlaubt zu nutzen und urbar zu machen. In der Folge reichte der Abt von Einsiedeln beim Bischof von Konstanz Klage ein, worauf dieser über die Schwyzer einen Kirchenbann legte.

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Morgartendenkmal

Aus Zorn überfielen die Schwyzer in der Dreikönigsnacht von 1314 unter der Leitung des Landammanns Werner Stauffacher das Kloster Einsiedeln, plünderten die Kirchengüter, schändeten die Klosterkirche und nahmen die Mönche gefangen. Der Abt konnte gerade noch rechtzeitig nach Pfäffikon in den Wehrturm flüchten. Der Bischof von Konstanz legte den Kirchenbann nun auch über die Verbündeten Urner und Unterwaldner. Der neu gewählte Deutsche König, der Habsburger Friedrich III., sprach die Reichsacht über die Waldstätten aus und beauftragte seinen jüngeren Bruder Leopold I., gegen die Eidgenossen vorzugehen.

Im Herbst 1315 stellte Herzog Leopold der Überlieferung zufolge ein grosses Heer von mehreren tausend Soldaten zusammen, welches sich in der habsburgischen Stadt Zug versammelte. Die Eidgenossen hatten sich allerdings schon geraume Zeit zuvor auf mögliche Angriffe vorbereitet, indem sie an den gefährdeten Orten im Gelände so genannte „Letzi“ errichteten. Das waren massive Schutzwälle, teils aus Erde, teils aus Mauerwerk mit mächtigen Wehrtürmen. Solche befanden sich in Arth, in Rothenthurm, auf dem Brünig, in der Rengg, in Brunnen, Stansstad und Buochs. Einzig der Zugang zum Talkessel von Schwyz vom Ägerisee her bei Morgarten war bislang nicht gesichert worden. Vermutlich dürfte Herzog Leopold durch Spionage oder Informanten vom ungesicherten Zugang in Kenntnis gesetzt worden sein, weshalb er sich entschied, mit seinem Heer von Zug aus über Ägeri Richtung dem Schwyzer Dorf Sattel zu ziehen und von dort ins Land Schwyz einzufallen.

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Gemälde am Rathaus von Schwyz

Zur Ablenkung entsendete Leopold einige kleine Formationen, welche beim Brünig, in Stansstad, Buochs und bei Arth einen Angriff vortäuschen sollten, denn hier sahen die Schwyzer die grösste Gefahr eines Angriffes. Leopolds Heer schritt siegessicher voran, denn die Soldaten waren im irrtümlichen Glauben, dass sie es lediglich mit einer Horde einfältiger Bauern zu tun haben, welche ohne Kenntnis über ritterliches Kämpfen sind und keine Ahnung von taktischem Vorgehen haben. Unter den Schwyzern gab es jedoch sehr wohl zahlreiche Männer, welche als Söldner in fremden Heeren mitgemischt haben und somit kampferprobt waren. Zudem waren die Schwyzer ein robustes Volk von grosser körperlicher Kraft und grossem Kampfwillen.

Das Einsatzzentrum des Schwyzer Heeres und der verbündeten Urnern befand sich beim Dorf Steinen. Von dort aus konnten sie sowohl schnell nach Arth als auch nach Morgarten Hilfe schicken, je nachdem, wo der Angriff geschehen wird. Bei Morgarten führt eine Geländeverengung nach Sattel. Durch diese Mulde müsste ein Heer schreiten, um ins Lande Schwyz zu gelangen. So hatten die Schwyzer bereits entsprechende Vorbereitungen getroffen, in dem sie oberhalb dieser Verengung eine grosse Menge an Steinen und Baumstämmen anhäuften. Eine Legende besagt, dass der Habsburger Graf Heinrich von Hünenberg die Pläne Leopolds verraten haben soll, indem er den Schwyzern in Arth durch einen Pfeil die Mitteilung habe zukommen lassen, dass der Angriff am St. Othmarstag (15. November) bei Morgarten erfolgen werde. In Wirklichkeit dürften die Schwyzer aber ebenfalls durch Spionage oder Botschafter vom geplanten Angriff bei Morgarten erfahren haben, weshalb das Gros des Heeres dort stationiert wurde.

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Darstellung aus der Stumpf-Chronik

Am 15. November rückte Leopolds Heer – so heisst es zumindest in der Geschichtsschreibung – dem Ägerisee entlang an Richtung Schwyz. An der Spitze schritten die Ritter zu Pferd heran und anschliessend das Fussvolk. Obwohl es zu nächtlicher Stunde geschah, war die Sicht gut, denn der Mond schien hell und klar. Die Schwyzer hielten sich diskret im Hinterhalt zurück und liessen Leopolds nichts ahnendes Heer anrücken. Als die Spitze der Habsburgerformation die enge Mulde durchschritt, traf sie plötzlich auf eine Sperre, worauf es durch die spärlichen Platzverhältnisse weder ein Vor noch ein Zurück gab. In diesem Moment stiessen die Schwyzer mit aller Muskelkraft die aufgeschichteten Stein- und Holzhaufen den Hang hinunter mitten in das aufgelaufene Heer. Die Pferde scheuten, gingen durch und manche Ritter wurden bereits tödlich getroffen.

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Die Schlachtkapelle

Die chaotische Lage nutzend, stürzten sich die Schwyzer wie blutrünstige Bestien mit Gebrüll auf die habsburgischen Soldaten, welche in ihrer Bedrängnis kaum Möglichkeit zur Gegenwehr hatten. Die Eidgenossen schlugen mit ihren eisernen Hellebarden, eine hoch effektive und äusserst gefährliche Mordwaffe, auf die Soldaten ein ohne Skrupel und Rücksicht. Es rollten Köpfe, Schädel wurden gespalten und Körper durchbohrt, aufgeschlitzt, ja sprichwörtlich in Stücke geschlagen. Das Bergvolk kannte weder kriegerische Fairness noch Erbarmen, sondern sein Ziel war einzig die gnadenlose Vernichtung des gegnerischen Heeres.

Angesichts dieses barbarischen Abschlachtens gerieten die nachrückenden Fusssoldaten in Panik, worauf ein aussichtsloses Gedränge entstand und zahllose Kämpfer in die tiefen Sümpfe getrieben, erschlagen oder niedergetrampelt wurden. Herzog Leopold selber hatte grosses Glück, denn er konnte sich dank der Ortskenntnis seiner Begleiter retten und entkam. Die Habsburger hatten rund 2000 Tote zu beklagen, während es seitens Eidgenossen Überlieferungen zufolge bloss 12 Opfer gegeben. Die Schlacht bei Morgarten ist aus historischer Sicht die bedeutendste aus jener Zeit, denn erstmals wurde ein Kampf unter geschickter Ausnützung der topographischen Eigenschaft eines Geländes ausgetragen, wobei der Überraschungseffekt der wichtigste Bestandteil des Kampfablaufes war. Die Schlacht bei Morgarten darf als Geburtsstunde der Infanterie angesehen werden.

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Durch die gewonnene Schlacht war der Zwist zwischen den Eidgenossen und den Habsburgern jedoch nicht beigelegt, weshalb der Bund der Urkantone von 1291 verstärkt und am 12. Dezember 1315 durch einen neuen Bundesbrief erneuert wurde. Der Konflikt zwischen den zwei Völkern dauerte noch bis 1474, als die Eidgenossen mit Herzog Sigismund von Tirol Frieden schlossen.