18. Bezirk, Pötzleinsdorfer Strasse 102
Das Grundstück gegenüber der Kirche von Pötzleinsdorf war ursprünglich im Besitz des Himmelspfort-Klosters, bevor es Mitte des 17. Jahrhunderts in private Hände überging. Einer der prominentesten Eigentümer war Baron Fabius Ricci. Er liess hier einen schlossartigen Wohnsitz errichten, der zugleich eine Seidenfärberei und Tuchschererei beherbergte. 1781 erwarb Philippina Gräfin von Herberstein das Anwesen. Sie liess die Fabriksgebäude abreissen, das Wohngebäude restaurieren und einen Garten mit exotischen Pflanzen anlegen, die eigens aus Übersee eingeführt wurden.
1797 verkaufte die Gräfin die Liegenschaft an den Bankier, Fabrikanten und Kunstmäzen Johann Jakob von Geymüller. Dieser liess das Haus 1808 neu errichten, das Grundstück erweitern und fügte einen Hof mit Tieren sowie eine Reitbahn hinzu. Geymüller legte besonderen Wert auf die Gestaltung des Gartens, der bald zu den schönsten in Wien zählte. Der Park wurde im englischen Stil umgestaltet mit Spazierwegen, Volieren, Lustpavillons, Glashäusern, einem Salettl, einem Teich, einem Dianatempel unf einem Schweizerhaus.
Das Geymüllerschlössel wurde Veranstaltungsort glanzvoller Gesellschaftsanlässe, bei denen Mitglieder des Hochadels und gar des Kaiserhauses zu Gast waren. Nach dem Tod Geymüllers im Jahr 1824 ging das Anwesen an seine Kinder über. Um 1839 verkauften sie es an Johann Heinrich Freiherr von Falkner-Geymüller, einen adoptierten Neffen Geymüllers, der aus Basel stammte und in den Adelsstand erhoben worden war. Falkner-Geymüller führte jedoch ein so verschwenderisches Leben im Schlössel, dass er sein gesamtes Vermögen verlor. Schliesslich musste er die Liegenschaft an seine Gläubiger veräussern und in die Schweiz zurückkehren, wo er 1848 in Basel in bitterster Armut starb.
In den folgenden Jahren wechselte das Schlössel mehrmals den Besitzer, bis es 1948 in den Besitz der Stadt Wien überging, die es bis heute verwaltet. Das Geymüllerschlössel präsentiert sich im Stil des Wiener Spätempire, vereint jedoch verschiedene Stilelemente, darunter neugotische Spitzbögen, eine spätbarocke Gartenfassade, klassizistische Ornamente und orientalische Einflüsse.
Heute beherbergt das Geymüllerschlössel eine Aussenstelle des Museums für Angewandte Kunst. Eine Ausstellung vermittelt Einblicke in die Wohnkultur der Empire- und Biedermeierzeit. Zudem befindet sich dort ein Uhrenmuseum, während der Park für die Öffentlichkeit zugänglich ist.