3. Bezirk, Leberstrasse 6

Der Name St. Marx ist eine alte Form von St. Markus, unter dessen Schutz das mittelalterliche Spital stand, welches hier in der heutigen östlichen Stadt existiert hatte. Als „Communaler Friedhof“ wurde die Fläche am linken Ufer des Wiener Neustädter Kanals im Jahre 1784 angelegt als Folge der Verordnung Kaiser Josephs II., fortan alle Toten ausserhalb der Stadt zu beerdigen. Auf dem Friedhof St. Marx wurden in erster Linie Bewohner aus dem heutigen 3. Bezirk und aus Teilen der Innenstadt zu Grabe getragen. Der Gottesacker erfüllte seinen Zweck rund 90 Jahre lang und wurde stillgelegt, als in Simmering der neu angelegte Zentralfriedhof seine Tore für die Toten aus Wien öffnete. So lag der Friedhof St. Marx ungenutzt da und verwilderte zusehends, so dass ihm die Auflassung drohte. Die historisch interessierte Wiener Bevölkerung pochte erfolgreich auf die Erhaltung des Friedhofes, worauf dieser in den Jahren 1936/37 instand gesetzt, unter Denkmalschutz gestellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Alle anderen Vorstadtfriedhöfe aus der Zeit wurden in Parkanlagen umgestaltet. Während des Zweiten Weltkrieges erlitt der Friedhof einige Schäden, welche in der Nachkriegszeit jedoch wieder behoben werden konnten.

Der Friedhof St. Marx ist in Wien der einzige erhaltene Biedermeierfriedhof und daher eine ganz besondere Sehenswürdigkeit. Bekannt ist der Friedhof als letzte Ruhestätte Mozarts, denn nachdem seine sterblichen Überreste eingesegnet worden waren, bestattete man diese in einem Gemeinschaftsgrab ohne besondere Feierlichkeiten. Mit grosser Sicherheit liegen Mozarts Gebeine auf dem Gebiet des St. Marxer Friedhofes, aber die genaue Stelle ist unbekannt.

Deshalb hat man an einer exponierten Lage ein Denkmahl in Form eines Grabes errichtet, welches später in die Gruppe der Ehrengräber auf dem Zentralfriedhof verlegt wurde. Dank eines Friedhofswärters entstand an derselben Stelle ein neues Denkmahl, welches aus nicht mehr gebrauchten Grabsteinelementen zusammengestellt und heute hübsch mit Blumen bepflanzt ist. Auf dem Friedhof sind weitere Prominente aus der Politik, Wissenschaft, Gesellschaft oder der Musikwelt bestattet. Hier befindet sich auch das Grab eines gewissen Joseph Maderspergers, welcher die Nähmaschine erfunden hat. Und auch Josef Strauss und seine Mutter lagen hier begraben, ehe man ihre Gebeine auf den Zentralfriedhof in ein Ehrengrab umgebettet hat.

Der Friedhof St. Marx gilt als einer der stimmungsvollsten Orte Wiens. Schreitet der Besucher durch das Backsteintor, tritt er sogleich in eine andere Welt. Seitlich des Kiessträsschens, welches die Mittelachse des Geländes bildet und bergauf zu einem steinernen Kreuz führt, reihen sich die Gräberzeilen mit ihren alten, verwitterten und schief stehenden Grabsteinen. Wilde Büsche und knorrige Bäume tragen das Ihrige zu der behaglich-unheimlichen Stimmung bei, welche seltsamerweise keineswegs gestört wird durch die Autobahn, welche an zwei Seiten des Friedhofes vorbeiführt und zu den meistbefahrenen Strassen Europas gehört. Im Frühling ist ein Besuch des Friedhofes besonders empfehlenswert, denn nirgends in Wien findet man eine grössere Ansammlung von Fliederbüschen, welche in ihrer Blütenpracht das Gelände mit ihrem wunderbaren Duft erfüllen.