1. Bezirk, Museumstrasse 6
Als der Cafétier Franz Lang das Kaffeehaus an der Zweierlinie nach der Jahrhundertwende übernahm, war es bereits ein vielbesuchtes Theatercafé, frequentiert von Besuchern des Volkstheaters, von namhaften Künstlern und Literaten – der Namensgeber Ferdinand Raimund grüsst noch heute als Statue von der anderen Strassenseite herüber. Berta Zuckerkandl hat sich hier gelegentlich die Zeit vertrieben oder auch der Volkstheaterdramaturg Theodor Csokor wie Autor Hans Sassmann. Ebenso zählte das Café Raimund Kulturkritiker Egon Friedell oder Schauspieler Karl Forest und dessen Schwester Lina, Exfrau von Adolf Loos, zu seinen häufigen Gästen. In den 50er-Jahren erkoren Grössen wie Hans Weigel, Ilse Aichinger oder Ingeborg Bachmann das Raimund zu einem ihrer Orte der Inspiration und des Austauschs.
Eine von vielen als misslungene Renovation des Café Raimund in den 80er-Jahren erwies sich als empfindlicher Eingriff: Die illustre Schar, die hier auch weiterhin verkehrt hatte, blieb fortan aus. Auch die Theatergäste von gegenüber kamen nicht mehr ins Café Raimund, welches durch die Renovation seiner Seele beraubt worden war. So empfand man es zumindest. Um ein stark frequentiertes Kaffeehaus handelt es sich in der Tat nicht. Meist ist es hier ruhig und beschaulich. Doch ganz so schlimm ist es an sich nicht. Mag der Renovation seinerzeit vieles von der alten Einrichtung zum Opfer gefallen sein, so präsentiert sich das Raimund heute dennoch ansprechend. Schwere Kristallluster hängen an der Decke und die mit rotem Samt bespannten Bänke strahlen Behaglichkeit aus. Dem Hauptraum schliesst sich ein Fumoir mit geringerer Raumhöhe an. Aller Unkenrufe zum Trotz hat das Raimund wenigstens ein bisschen der alten Kaffeehausatmosphäre erhalten können, und ein Besuch hier lohnt sich alleweil.