1. Bezirk, Dorotheergasse 6
Im Jahre 1936 übernahm as junge Ehepaar Leopold und Josefine Hawelka das Café Alt-Wien an der Bäckerstrasse. Aufgrund hoher finanzieller forderungen der Besitzer verliessen die Hawelkas das Alt-Wien drei Jahre später und übernahmen das alte Café Karl an der Dorotheergasse, nur wenige Schritte vom Graben entfernt. In seinen Räumen eröffnete das Paar ihr Café Hawelka. In den Nachkriegsjahren wurde das Café zu einem beliebten Treffpunkt für Maler, Architekten, Dichter und Schriftsteller und war bis in die 1970er-Jahre einer der wichtigsten Künstlertreffs der Stadt. Einen weiteren Bekanntheitsschub erfuhr das Kaffeehaus durch Georg Danzers Hit „Der Nackerte im Hawelka“.
Das Ehepaar Hawelka lebte für sein Café. Josefine stand oft spät in der Nacht noch in der Küche und bereitete ihre stadtbekannten Buchteln für den nächsten Tag zu. Am Abend widmete sie sich gewissenhaft der Buchhaltung an einem kleinen Tisch an der Säule vor der Schenk. Leopold Hawelka indes nahm jeweils seinen Platz am Eingang ein, begrüsste die Gäste, öffnete ihnen die Tür und schaute nach einem passenden Platz – eine Routine, die er auch nach Josefines Tod im Frühjahr 2005 weiterführte. Leopold Hawelka selbst verstarb am 29. Dezember 2011 im stolzen Alter von 100 Jahren und hinterliess ein bedeutendes Erbe in der Wiener Kaffeehauskultur. Das Café ist nach wie vor im Besitz der Familie, da der Sohn bereits vor dem Tod des Vaters die Leitung übernommen hatte.
Ein Touristenhotspot, doch die Atmosphäre ist geblieben
Heute ist das Hawelka – trotz seiner eher bescheidenen und vergleichsweise jungen Geschichte – fester Bestandteil jedes Wien-Reiseführers und wird entsprechend stark von Touristen frequentiert. Ein Moment der Ruhe ist in dem kleinen Kaffeehaus kaum zu finden – oft stehen die Menschen schon vor dem Eingang Schlangt. Was das Hawelka besonders macht, ist die nahezu unveränderte Atmosphäre seit seiner Eröffnung im Jahr 1939. Die schweren, dunklen Vorhänge an den Fenstern, die durchgesessenen Sitzpolster, die dunklen Wände, das schummrige Licht selbst tagsüber und der tiefschwarze Boden machen die unverfälschte Patina aus. An den Wänden hängen zahlreiche Bilder, einige von Künstlern, die ihre Zeche mit ihren Werken beglichen, weil sie sich den Kaffee anders nicht leisten konnten.
Die Preise im Hawelka sind angesichts seiner Lage und Beliebtheit etwas höher, doch die Gäste zahlen bereitwillig, um dieses einmalige Kaffeehaus zu erleben. Obwohl es heute als Touristenattraktion gilt, gehört ein Besuch im Hawelka für jeden Wien-Reisenden zum Pflichtprogramm.
Ein Journalist machte eine aufschlussreiche,
gleichwohl geheimnisvolle Beobachtung: „Immerzu gehen
Leute ins Café Hawelka hinein und keiner kommt wieder heraus.
Was macht der Hawelka eigentlich mit seinen Gästen?“
(Friedrich Torberg)