4. Bezirk, Aspangstrasse

Der ehemalige, 1881 in Betrieb genommene Aspangbahnhof etwas abseits des Rennweges im 3. Bezirk ist einer jener Orte in Wien, welche besonders eng mit den unfassbaren Menschheitsverbrechen durch die Nazis während des Zweiten Weltkrieges verbunden sind. Von hier fuhren die Züge los, welche die jüdische Bevölkerung Wiens in die Ghettos, Arbeits- und Vernichtungslager im Osten brachten. Die Wahl als Ausgangspunkt für die Deportationen fiel auf den Aspangbahnhof, weil dieser für den Regionalverkehr insofern als weniger wichtig galt, als die Passagierfrequenz hier nie sehr hoch war.

Im Oktober 1939 verliessen die ersten zwei Züge mit Gefangenen den Aspangbanhof Richtung Lublin. Die grossen Deportationen wurden zwischen Februar 1941 und Oktober 1942 durchgeführt. Während dieser Zeitspanne brachten 45 Züge 45’452 österreichische Jüdinnen und Juden nach Osteuropa. Koordiniert wurden die Transporte von der NS „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“, welche sich während den Kriegsjahren im „arisierten“ Palais Rothschild an der Prinz Eugen-Strasse befand.

Der Ablauf der Deportationen war schmachvoll: An mehreren definierten Sammelpunkten im Leopoldstädter Ghetto wurden die Juden zusammengetrieben. Man demütigte sie, beraubte sie ihrer Habseligkeiten, verlud sie auf offene Lastwagen und chauffierte sie Richtung Aspangbahnhof – unter dem Spott schaulustiger Wiener und deren Übergriffigkeiten ausgesetzt. Von den insgesamt 47’035 via Aspangbahnhof deportierten Menschen haben nur 1073 überlebt.

Ab 1955 verfielen der Bahnhof und das ihn umgebende Gelände zusehends. Mit Inbetriebnahme der neuen Bahnstrecke via Rennweg im Jahre 1971 verlor der Aspangbahnhof seine Funktion und wurde still gelegt. 1977 wurde er abgerissen. Die frei gewordene Fläche lag lange Zeit brach. Später wurde sie in „Platz der Opfer der Deporation“ benannt, und ein Gedenkstein erinnerte fortan an die schreckliche Vergangenheit dieses Ortes.

Als nach 2000 ein neuer Bebauungsplan für die so genannten „Aspanggründe“ in Angriff genommen wurde, zeichnete sich eine konkrete Nutzung des Areals als neuer Wohnraum ab. Eine moderne Wohnsiedlung wurde realisiert und der bislang überwucherte und unansehnliche Platz in eine Parklandschaft umgestaltet. Im September 2017 übergab die Stadt Wien das vom Wiener Künstlerduo PRINZpod entworfene „Mahnmal Aspangbahnhof“ seiner Bestimmung. Es liegt genau da, wo einst die Deportationszüge losfuhren. Zwei rund 30 Meter lange, konisch zulaufende „Schienen“ aus Beton verschwinden im dunklen Nichts eines vergitterten Betonblockes, aus dem es keine Wiederkehr gibt. Der ehemalige Gedenkstein ist neu platziert worden. Auf ihm ist zu lesen:
In den Jahren 1939-1942
wurden vom ehemaligen Aspangbahnhof
zehntausende österreichische Juden
in Vernichtungslager transportiert
und kehrten nicht mehr zurück
Niemals vergessen
