Unter
den hier vorgestellten Komponisten ist Juventino Rosas ein Exot. Warum
er in die Sammlung Musikschaffender des Wiener Genres aufgenommen
wurde, soll im folgenden Text hervorgehen.
Am 26. Januar 1868 wurde Juventino Rosas Cadenas in Santa Cruz de
Galeana in der Mexikanischen Provinz Guanajuato geboren. Seine Familie
war dem Indianerstamm der Otomi angehörig. In seiner Jugendzeit machte
Rosas alles, was mit Musik zu tun hatte. Er läutete beispielsweise die
Turmglocken der örtlichen Kirche oder spielte auf seiner Fiedel in den
Strassen von Santa Cruz. Diese musikalischen Tätigkeiten übte er
bereits ab seinem siebten Altersjahr aus. Wenig später kam Juventino
Rosas nach Mexiko City, wo er als Zwölfjähriger in einem der
bekanntesten Orchester der Stadt Violine spielte. Ab und zu begleitete
er mit seiner Violine die seinerzeit berühmte Sängerin Angela Peralta.
Eine wirkliche musikalische Ausbildung bekam Rosas nie. Er schrieb sich
zweimal am Staatlichen Konservatorium ein, schaffte jedoch nie den
Abschluss. Sein Musikwissen hat er sich grösstenteils selber
beigebracht. Es reichte jedoch aus, um ein grosses Orchester zu leiten,
mit dem Rosas auch ausser Landes tourte. Die Konzertreisen reichten bis
nach New Orleans und Chicago, wo er 1893 an der Weltausstellung
dirigierte, an der auch Carl Michael
Ziehrer mit seinem Orchester auftrat. Trotz dieser Tätigkeit wurde
Rosas nie reich. Im Gegenteil, einmal tauschte er eine seiner
Kompositionen, den Walzer 'Dolores', in Monterrey gegen ein Paar
Schuhe. 'Dolores' ist ein verschollenes Werk.
Der Grund, der Juventino Rosas hier mit Wien in Verbindung bringt,
führt an sich auf einen allgemeinen Irrtum zurück. Im Alter von 16
Jahren konponierte Juventino Rosas einen Walzer, der Geschichte
schreiben sollte: 'Sobre las Olas', bei uns bekannt unter dem Titel
'Über den Wellen'. Erstmals erklang der Walzer im Jahre 1884, als Rosas
mit seinem Orchester in New Orleans, Louisiana, spielte. Offiziell
publiziert wurde der Walzer jedoch erst im Jahre 1888 in Mexiko City
und auch Europa. Auch heute noch stehen Musikwissenschaftler oft in dem
falschen Glauben, dass das Jahr 1888 das Ursprungsjahr des Walzers sei.
|